Diskussionsnachricht 000000
01.05.2017, 10:57 Uhr
stoppdiestoppel
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Hallo zusammen,
ich bin jetzt ein gutes dreiviertel Jahr bei den Klingenschwingern und schärfe auch fast seit Anfang an selber (damit ist jetzt nicht gemeint, dass ich innerhalb eines dreiviertel Jahres ständig an den Steinen sitze. Aber wenn ein stumpfes Messer dazu gekommen ist, musste es halt auf die Steine).
In meiner Sammlung sind nebst "popeligen" Gold Dollars (Yeah) Messer von Wacker, Aust, Revisor, Thiers Issard, Böker, Le Grelot, (dem unausweichlichen) Dovo und ein paar solinger No-Name-Vintagemesser. Manche wurden mir explizit mit "Liebhaberschärfe" zugeschickt, andere schlicht stumpf.
Alle meine Messer bestehen die Haarprobe ohne Tricks und Schneidebewegungen. Manche extrem gut, andere im absolut akzeptablen Bereich.
Trotzdem merke ich, dass sich beim rasieren selber doch recht deutliche Unterschiede auftun.
Meine beiden Spitzenmesser, das Le Grelot (1/4-1/2-Hohl) und (insbesondere!) das Böker Silver Steel habe ich beide selber geschärft, sie halten ihre Schärfe, die Rasur ist mit beiden, ganz besonders aber eben mit dem Silver Steel, etwas, das unter meinen Messern in einer eigenen Liga spielt.
Dann habe ich Messer, die wirklich ordentlich die Haarprobe bestehen, aber - ich kann es nicht sagen - bei der Rasur bei weitem nicht so performen wie die beiden vorherigen Messer (das Aust würde ich auch noch in diese Spitzen-Liga zählen, habe es aber nicht selber geschärft. Das Revisor wurde mir übrigens explizit "rasurscharf" geliefert, die Haarprobe klappte tatsächlich erst nach 15 mal Chromoxid und 100 mal Leder).
Insbesondere bereiten mir zwei Messer Kopfschmerzen: Das Thiers Issard und das Wacker (Allround). Beides vollhohle 6/8"er.
Ich kann es nicht erklären, aber obwohl ich bei der Haarprobe eigentlich keine Probleme sehe, muss ich mich immer wieder ein bisschen selber dazu überreden, wenn diese Messer in der Rotation dran sind. Das Rasurgefühl ist einfach nicht wirklich sanft und häufig bleibt doch ein deutlicher Bartschatten zurück. Irgendwie fühlt es sich manchmal an, als hätte ich eher ein Butterbrotmesser auf dem Gesicht liegen: Von diesem fast magischen echten "sauberen Rasurgefühl" und "Heransaugen" an den Bart eines Böker Silver Steel sind beide Messer meilenweit entfernt.
Von beiden Messern habe ich nur das Thiers Issard selber geschärft: Vom 800er Naniwa bis hoch zum 12.000er, dann 15x Chromoxid und 100 mal Leder.
Das Wacker kam genau so wie das Revisor: Obwohl anders lautend verkauft, eigentlich eher stumpf. Heißt, keine erfolgreiche Haarprobe. Nach 15 mal Chromoxid und 100 mal Leder hält das Messer zumindest die Haarproben-Schärfe, aber Rasurgefühl und -ergebnis liegen einfach eher im Mittelfeld.
Ich habe mir in der Bucht für ein paar Euro eines der besagten No-Name-Solinger geschossen, das als "stumpf" deklariert wurde. Nach meiner Schärfprozedur bringt es ein deutlich besseres Rasurergebnis und -gefühl als das Wacker und das Thiers Issard.
Eine Rasur mit beiden Messern ist für mich eher Arbeit als Freude. Es geht. Man kann sich damit rasieren, aber schön und gründlich ist eben was anderes. Und gerade in diesem Moment sitze ich Wacker-rasiert vor dem Monitor. Aber ich weiß, dass die Stoppeln deutlich früher zurückkommen als bei anderen Messern meiner Sammlung. Es sieht bei Licht betrachtet auch einfach nicht wirklich sauber aus, obwohl es sich ausreichend glatt anfühlt. Ich kann damit auf die Straße gehen, aber die so sehr verschrienen Systemrasierer leisten hier gründlichere Arbeit als diese beiden Klingen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Gibt es das, dass ein Messer von Grund auf einfach hinsichtlich seiner "Praxisschärfe" limitierter ist als andere (Qualitätsmesser)?
Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass von beiden Messern nicht mehr zu erwarten ist. Vielleicht sind aber auch meine Ansprüche nur so hoch.
Ich denke auch nicht, dass es viel mit der Rasurvorbereitung zu tun hat. Das kann ich variieren wie ich will: Heiße Tücher oder nicht, Pre-Shave oder nicht, Einwirkzeit der Seife 2 Minuten oder 4 Minuten, ich sehe da nicht viel Variation im Ergebnis. Meine Standard-Routine sieht inzwischen so aus, dass ich mich erst gründlich mit Speick-Seife einseife, warm abwasche und dann warme Haslinger-Seife (im Wechsel Sandelholz und Schafsmilch) auftrage und irgendwas zwischen 2 und 3 Minuten einweichen lasse. Ich habe es auch mal mit Golddachs-Seife versucht, aber diese Seife finde ich ganz grausam. Nach vielen Tests ist die Haslinger mein persönlicher Favorit. |