Diskussionsnachricht 000000
17.08.2007, 12:42 Uhr
moviemaniac
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Jäh schreckt unser Protagonist, nennen wir ihn Klaus, hoch: Grillenzirpen, ganz laut, mitten in seinem 15qm-Zimmer. "Nicht schon wieder diese Drecksviecher" grunzt er und greift, noch im Bett liegend, mürrisch zur Fliegenklatsche. Da, am Schreibtisch zirpt es. Klaus braucht Brillen mit vier Dioptrien, weshalb er die Grille nur unscharf erkennt. Quälend langsam schält er sich aus dem warmen Bett, schlurft zum Tisch und haut mal kräftig - sich nur mit den Ohren orientierend - in die Richtung des Zirpens. *Klatsch* - und es kehrt Ruhe ein. Erstmal sucht Klaus seine Brillen um nachzusehen, wie hoch der Zerquatschfaktor der Grille ausgefallen ist. Ahja, sie liegen, wie immer, am Nachtkästchen. Gähnend setzt er seine Brille auf und dreht sich um, um sein Werk zu beobachten. Klaus lacht: Er hatte ganz vergessen, dass er sich heute vom Handy wecken lassen wollte und einen Grillenzirpton eingestellt hat. Der Klatscher mit dem Fliegentötobjekt hat das Telefon ruhig gestellt.
Doch warum zur Hölle wollte er heute so früh aufstehen? Sein Blick schweift im Zimmer umher und fällt auf ein fernöstlich anmutendes Fläschchen. Das Bild darauf verheißt nichts Gutes: Ein halber Arm, der eine Axt schwingt ist darauf zu sehen, darunter steht "Axe Brand universal oil. A handy medicine for the Home". Inhaltsstoffe: 20% Menthol, 15% Eukalyptusöl, 15% Methyl Salicylate, 5% Kampfer, 12% essenzielle Öle, Rest: Mineral Oil.
Klaus erinnert sich wieder: Das Fläschchen hatte er gestern beim Armdrücken gegen einen Chinesen in Chinatown gewonnen. Um ein Haar wäre er danach von der Meute in der stinkenden Spelunke getötet worden, wenn er nicht gedroht hätte, einem Schlitzauge mit einem Rasiermesser die Gurgel aufzuschneiden. Nur zu gut, dass die Chinesen nicht wussten, dass er es nie getan hätte - die anschließende Schärfarbeit wäre schrecklich gewesen, und erst das Blut auf den Griffschalen...
Ein jäher Gedanke reißt Klaus aus seinen Erinnerungen: Er soll ja dieses Öl heute testen. Steht zwar nirgendwo drauf, dass man es als Aftershave verwenden kann, aber die Zeile "for external use only" schließt dies ja nicht kategorisch aus. Also packt er all seine Rasiersachen zusammen und schlurft in den Keller hinunter.
Ewigkeiten dauert es heute wieder, bis dass Heißwasser kommt. Schnell ist mit dem Dachspinsel von Mühle aus dem Wilkinson-Rasierseifenstick ein prächtiger Schaum geschlagen, der sauber einweicht. Auch die Rasur in drei Durchgängen mit dem Gillette Tech seines Großvaters und einer Lord-Klinge gelingt tadellos. Klaus grinst zufrieden, als er sich beim Waschen des Gesichtes mit der Hand über das nun nicht mehr vorhandene Stoppelfeld fährt.
Nach dem Abtrocknen nimmt Klaus die Flasche zur Hand und schüttet eine kleine Menge in seine Handflächen. Ein schneller Blick in den Spiegel, er nickt sich selbst zu. Und los gehts, mit einstudierter Bewegung wird das relativ dünnflüssige Öl im Gesicht verschmiert. Klaus grinst ungläubig: Da passiert ja gat nichts, das Öl ist nichts wert. Doch auf einmal... gar nichts. Nichts mehr spürt er, die Inhaltsstoffe haben binnen wenigen Sekunden sein Gesicht tiefgefroren, die Nervenenden blockiert. "Naja, nichts spüren ist auch schon mal gut" gibt Klaus von sich und macht sich auf, die Rasurutensilien zu reinigen. Nach und nach kommt das Gefühl im Gesicht zurück, erst ein intensives, aber nicht unangenehmes Brennen, dann eine alles übertrumpfende Kälte, an die kein anderes Aftershave-Mittelchen heranlangen kann. Ist wie 96%iger Alkohol gegen Bier.
Ein zufriedenes Grinsen macht sich in Klaus' Gesicht breit, als er die Treppe wieder hochgeht um sich Kaffee zu machen. "Ist doch ganz gut gelaufen" sagt er zu sich selber. In der Küche sitzt bereits sein kleiner Bruder, der die Szene nicht unkommentiert lassen kann: "Mmmh, du riechst heute gut" meint er. "Naja, Kampfer und Eukalyptus riecht halt mal nicht schlecht" entgegenet Klaus.
Eine halbe Stunde ist vergangen, das Frühstück beendet. Mittlerweile ist die Kühle im Gesicht fast verschwunden und ist einem tollen Hautgefühl gewichen. Kein Spannen, kein Ziehen, keine Rötungen und es pappt auch nichts - das Öl ist vollständig in die Haut eingezogen. "So sollte es jeden Tag sein" denkt sich Klaus mit einem breiten Grinsen im frischrasierten Gesicht, "das gefährliche Armdrücken mit dem Chinesen hat sich gelohnt". Diese Nachricht wurde am 17.08.2007 um 12:48 Uhr von moviemaniac editiert. |