Diskussionsnachricht 000000
19.06.2020, 10:56 Uhr
CaptainGreybeard
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So, nun lass ich mal die Katze aus dem Sack bzw. den Simpson aus der Schachtel. Ab jetzt gehöre also auch ich zur Riege der stolzen Besitzer eines Simpson-Pinsels. Eigentlich wäre das einen Tusch wert, aber dann doch wieder nicht. Warum nicht? Lest einfach weiter, wenn ihr mögt:
Der "Alexander Simpson Trafalgar", ein preiswerter Synthetikpinsel mit Kunststoffgriff, ist von einem echten Simpson mit Edel-Dachshaar aus der nördlichen Mandschurei nicht nur preislich, sondern vermutlich auch qualitativ ungefähr so weit entfernt wie der Neptun von der Sonne. Ich bin so ehrlich und gebe zu, dass mir solche Edel-Pinsel à la "The Manchurian Candidate, Pardon: Badger" einfach zu teuer sind. Weiterhin, obwohl ich weder Veganer noch Vegetarier bin, würde ich mich mit dem Wissen nicht wohlfühlen, dass ein Tier sein Leben für meinen Rasierpinsel lassen musste. Das muss man nicht unbedingt verstehen, und ich möchte es auch nicht diskutieren, jedenfalls nicht hier.
Aber schauen wir uns das gute Stück doch einmal an. Gerne hätte ich euch erzählt, wie ein freundlicher Paketdienstmitarbeiter mir gestern Vormittag die gut und stabil verpackte Schachtel mit dem Pinsel nach Hause bis an die Tür brachte, aber leider scheinen zumindest in meiner Wohngegend freundliche Paketdienstmitarbeiter mittlerweile einer Ära anzugehören, die man mit den Worten "Es war einmal..." beschreibt. Also nix war es mit "Lieferung an die Tür", statt dessen bekam ich gestern Nachmittag nur eine schnöde E-Mail von GLS, dass man bei uns daheim leider niemanden angetroffen habe - glatt die Unwahrheit, denn meine BEVA war zuhause und harrte des Paketbotens, weil ich ihr gesagt hatte, dass ich eine Sendung erwartete - und ich mir meine Sendung bitte an der nächsten GLS-Paketstelle selbst abholen möge, was ich heute Nachmittag prompt tat.
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Zumindest gut und sicher verpackt hat der im spanischen Malaga ansässige Verkäufer Y**rSh*v*ngDOTc*m den Trafalgar auf den Weg gebracht.
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Und beim Öffnen des Päckchens wartete noch eine kleine, freundliche Überraschung. Habt ihr sie gesehen?
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Falls nicht, hier ist sie: Neben dem Pinsel war als Zugabe ein 5er-Schächtelchen Gillette Perma-Sharp beigelegt. Das finde ich doch nett, keine billigen Derby Extra o. ä., die nur für den Kochfeld-Schaber taugen, sondern sehr gute, hochwertige Klingen. Die Pinsel-Box selbst präsentiert sich als einfache, rote Schachtel, ...
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... in der der Pinsel ruht, eingeschlagen in transluzentem Einwickelpapier. Schlichter wäre es nur noch gegangen, wenn man sich auch noch das Papier um den Pinsel gespart hätte. Angesichts des sehr günstigen Preises, der inkl. Versand noch unterhalb dessen lag, was ich für den kleinsten Mühle Silvertip Fibre ohne Versand hätte bezahlen müssen, will ich nicht mosern.
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Da ich keine Pinsel mit einem Ringmaß von XXL und mehr mag, entschied ich mich für den Trafalgar T2 mit 24 mm Ringmaß und 44 mm Lofthöhe. Der Griff misst 46 mm in der Höhe, so dass eine recht kompakte Gesamthöhe von ca. 90 mm erreicht wird. "A bit on the chubby side," würden die Briten wohl zu derartigen Proportionen sagen, ein wenig untersetzt. Doch wie man sieht, ...
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... macht der kleine, leicht untersetzt wirkende Alexander S. in seinem elfenbeinfarbenen Griffkleid und den weiß-grau-brauen Kunsthaaren eine recht gute Figur. "Alexander Wer?" - Richtig gelesen, es ist in der Tat kein echter Simpson, also keiner von der Art, wie sie auf der Isle of Man von Hand geklöppelt und mit dem Mund geblasen werden, sondern ein erheblich einfacher gehaltener Synthetikpinsel ohne Nennung des Fabrikationsortes, der daher auch nicht exakt denselben Markennamen trägt wie seine höherwertigen und -preisigen "Verwandten". Hier darf gerne ein wenig spekuliert werden, wo solche Pinsel für gewöhnlich hergestellt werden.
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Betrachtet man sich die Verarbeitungsqualität dieses vermutlich in China gefertigten Plastikhaarpinsels, so ist sie durchaus in Ordnung, vor allem angesichts des oben schon erwähnten günstigen Preises. Beim elfenbeinfarbenen Kunststoffgriff (andere Griffmaterialien oder -farben gibt es nicht) sind keine Klebe- oder Schweißnähte zu sehen, d. h., der Griff wurde aus einem Stück Kunstharz gedreht, was in der Preisklasse keine Selbstverständlichkeit ist. Der Bedruck ist in Ordnung, doch man erkennt auf den beiden Nahaufnahmen, dass die Buchstaben und Linien deutlich ausfransen. Bei Mühle habe ich eine solch mäßige Druckqualität jedenfalls noch nie gesehen. Da ich meinen Rasierschaum aber nicht mit dem Bedruck aufschlage, sondern mit dem Pinselkopf, wenden wir uns diesem nunmehr zu, nachdem ich zum Griff noch abschließend anmerken möchte, dass er recht gut in der Hand liegt. Er fasst sich anders an als der Mühle-Pinsel mit seinem klassischen, olivenförmigen Griff, aber wohl nicht schlechter.
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Man erkennt gut, dass der Trafalgar T2 über einen dicht mit synthetischem Haar besteckten Pinselkopf verfügt. Das Haar fühlt sich an und sieht auch aus wie das Kunsthaar, das Mühle als "Silvertip Fibre" anbietet. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich um ein praktisch identisches oder sehr ähnliches Material handelt.
Mit dem Trafalgar schlug ich gestern nur einmal ganz kurz und unzeremoniell eine etwa mandelgroße Portion Speick Men-Rasiercreme in der Hand auf, doch schon dabei fielen mir deutliche Unterschiede zum Mühle STF auf. Der Trafalgar ist in den Spitzen ebenso weich wie der Mühle, doch durch den dichteren Besatz ist das, was man beim Dachshaarpinsel als Backbone bezeichnet, beim T2 spürbar stärker ausgeprägt. Der Simpson-Pinsel speichert deutlich mehr Wasser und gibt es nicht so schnell wieder her, was ich für einen sehr großen Vorteil gegenüber dem STF halte. Beim nur leicht nassen Mühle-Synthetikpinsel störte mich dessen Eigenart, beim kleinsten bisschen Druck auf die Pinselspitzen fast schlagartig einfach laufen zu lassen. Das Spülen und Ausschlagen des T2 geht m. E. ebenso unkompliziert und rasch von der Hand wie bei anderen Kunsthaarpinseln.
Heute Morgen dann auch die erste Rasur mit dem neuen Pinsel, als Seife kam die weiße Proraso zum Einsatz.
Die Überraschung begann schon gleich bei der Wässerung des Pinsels. Unglaublich, wieviel Wasser der untersetzte Brite, allerdings vermutlich mit chinesischem Migrationshintergrund, aufzunehmen vermag. Das kenne ich vom Mühle STF gar nicht. Also flugs wieder ordentlich Wasser aus dem Pinsel gedrückt, damit es in der Seifendose keine Überschwemmung gibt. Die nächste Überraschung kam bei der Seifenaufnahme. Gegen jede Art von kreisförmiger Bewegung schien sich der kleine Alexander S. regelrecht zu sperren, mit seinem - jedenfalls im Vergleich zum STF - schier unnachgiebigen Haarbündel. Das zwang mich dazu, die Seife mit streichenden Bewegungen aufzunehmen, wie mit einem Malerquast, zumal Simpson ausdrücklich davor warnt, um die lotrechte Pinselachse kreisende Bewegungen unter hohen Druck auszuführen.
Erstaunlicherweise ging sich das Abstreichen aber ganz gut aus, denn der Materialabtrag war beachtlich. Nun sollte man aber eine so weiche Seife wie die weiße Proraso nicht zum Maßstab für die Effektivität eines Pinsels machen, denn diese italienische Rasierseife ist eher eine feste Rasiercreme als eine Hartseife.
Es wunderte mich nicht mehr ganz so sehr, dass auch beim Aufschäumen der Seife im Gesicht nicht kreisende, sondern streichende Bewegungen gefragt waren. Trotz der Zugabe von etwas Wasser auf die Pinselspitzen geriet der Schaum kein bisschen fluffig, sondern eher wie Süzme, ein stichfester türkischer Sahnejoghurt, d. h. der Schaum geriet noch spürbar fester als wie ich ihn für gewöhnlich mit dem Mühle Silvertip Fibre aufschlage. Es war aber wohl gerade diese Schaumkonsistenz, die zu fantastischen Gleit- und Schutzeigenschaften der Rasierschaums führte, auch wenn er keineswegs ein Form eines dicken Schaumteppichs im Gesicht lag, sondern eher eine Schicht aus weichem Mineralputz.
Fazit: Der neue Pinsel ist gewöhnungsbedürftig. Ich werde meine Schaumgenerierung von Kreis- auf Streichbewegungen umstellen und bezüglich des Wassermanagements und der Schaumkonsistenz auf jeden Fall noch optimieren müssen. Es hat mir aber, abgesehen von der Umstellung meiner Rasuren auf den Mühle Rocca, noch nichts bei der Rasur so viel Spaß gemacht wie die Herausforderung, mich mit diesem neuen Pinsel einzuarbeiten. Allerdings hatte ich bereits bei dieser ersten Rasur und trotz vorsichtiger und absolut vorschriftsmäßiger Handhabung (keine druckvollen kreisenden Bewegungen, keinen Wasserstrahl von oben in den Pinselkopf laufen lassen) gleich zwei Pinselhaare am Rasiererkopf kleben. Ich hoffe doch sehr, dass diese Art von "Glatzenbildung" bei Alexander S. die Ausnahme bleibt.
So, das war mein Bericht zum ersten Eindruck, den ich bislang vom Alexander Simpson Trafalgar T2 mit Sovereign Synthetic Fibre gewonnen habe. Ich hoffe, die Lektüre hat euch ein wenig Freude gemacht. Mehr gibt's dann später, wenn ich etwas ausgiebigere Erfahrungen mit dem Pinsel gesammelt habe. |