Diskussionsnachricht 000416
23.06.2017, 12:51 Uhr
CaptainGreybeard
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Nun musste ich ihn auch mal testen, wenn auch zwangsweise, den gar nicht mehr so neuen Gillette Fusion.
Vor zwei Tagen war ich zu einem Seminar, Anreise war am Abend des Vortages, die Veranstaltung begann dann direkt am Morgen nach dem Frühstück. Morgens im Badezimmer fuhr mir dann der heiße Schreck in die Glieder, aus irgendeinem Grund hatte ich vergessen, meinen Kulturbeutel in den kleinen Reisekoffer zu legen - echt blöd.
Nun bekommt man im Hotel ja problemlos Seife, Shampoo und ähnliche Hygieneartikel, aber Rasierhobel, -pinsel u. a. Utensilien für eine klassische Nassrasur eher nicht. Also rasch beim Kollegen angeklopft und gefragt, ob er mir mal eben seinen Rasierer leihen könnte. Und da der Kollege ein hilfsbereiter Mensch ist, hat er mir seinen Fusion mit einer frischen Klinge bestückt nebst einer Dose Rasiergel in die Hand gedrückt, auf dass ich den Stoppeln in meinem Gesicht erfolgreich zu Leibe rücken könne.
Was soll ich sagen? Nach etwa 3,5 Jahren war es die erste Rasur mit einem Systemrasierer, und ich weiß nun noch besser als vor 3,5 Jahren, warum ich mich nur noch auf die "alte" Art und Weise rasiere.
Es fängt mit dem Griff an: der ist erstens zu leicht und zweitens viel zu lang, um noch wendig und flexibel zu sein. Das geht mit dem viel zu hohen, weil mit fünf Klingen, einem Glibberstreifen und irgendwelchen Lamellen bestückten "Surfbrett" weiter, welches als Systemklinge montiert ist. Die Gesamtkombination vermittelt in etwa soviel Handlichkeit wie in 30-Tonnen-Lkw in den verwinkelten Gassen eines Bergdorfs in den Alpen.
Die Abwesenheit von richtigem Rasierschaum, mit einem Pinsel aus einer qualitativ hochwertigen Seife oder Creme geschlagen, verschlimmert das Erlebnis noch. Trotz reichlicher Zugabe von Wasser bleibt beim Rasiergel immer das Gefühl, als habe man die Gesichtshaut mit Lehm zugeschmiert statt mit Rasierschaum.
Und dann die Rasur! Unsere englischsprachigen Kollegen würden so etwas wohl als "a shave from hell" bezeichnen, eine Art von Rasur, wie sie nur der Teufel persönlich erfunden haben kann, um die Männer für ihre Eitelkeit zu bestrafen, den Stürmen des Lebens mit einem möglichst glatt rasierten Gesicht zu trotzen. Der Glibberstreifen sondert eine unangenehme Schmiere ab, die sich trotz des aus dem Gel entwickelten Rasierschaums auf der Haut absetzt und ein extrem ekeliges Hautgefühl verursacht. Dazu kommt, dass die Klingen so gut wie überhaupt keine Rückmeldung geben, wie gründlich die Rasur nun verläuft. Fakt ist aber, dass ich selbst nach zweieinhalb Durchgängen (1 x komplett mit, 1 x komplett gegen und 1 x an Hals und Kinn quer) nicht das Gefühl hatte, wirklich gut rasiert zu sein. (Mag sein, dass Männer mit Systemrasierererfahrung den Rasierer stärker aufdrücken, ich habe mich bemüht, mit möglichst wenig Druck zu rasieren, um meine Haut zu schonen.) Dazu kam ein insgesamt etwas gereiztes Hautgefühl, mit leichten Hautrötungen am Hals, fast wie ein kleiner Rasurbrand.
Wie viele Rasuren man mit einer Klinge schafft, weiß ich nicht, interessiert mich nach dieser Erfahrung auch nicht mehr, denn ich weiß, dass ich so ein Ding nach Möglichkeit nie mehr an meine Bartstoppeln lassen werde. A propos Bartstoppeln: ich hatte bereits am Nachmittag das Gefühl, schlecht rasiert zu sein und tatsächlich bestätigte am Abend ein Blick in den Spiegel dieses Gefühl, ich hatte wahrnehmbar mehr Stoppeln im Gesicht als üblicherweise 12 Stunden nach einer klassischen Rasur.
Mein Fazit: Für mich klingt Gillettes Werbespruch für den Fusion ("the best a man can get") eher wie eine Drohung als wie ein Versprechen. An der klassischen Nassrasur führt für mich kein Weg vorbei, wenn ich ordentlich rasiert und mit gepflegter, nicht gereizter Gesichtshaut in den Tag gehen möchte. Diese Nachricht wurde am 23.06.2017 um 12:55 Uhr von CaptainGreybeard editiert. |