Diskussionsnachricht 000449
22.08.2007, 19:33 Uhr
Jacobvs
registriertes Mitglied
|
@Senser
Wenn man Über Rasiermesser spricht, die öfter benutzt werden, stimme ich Olddj zu - sie bedarfen gar keinen besonderen Rostschutz. Sauber wischen, trocken wischen und am einen trockenen Ort lagern. Die meisten Rasiercremes und -seifen enthalten sowieso verschiedene Wachse (z.B. in Arko RS Paraffin) die einen dünnen Film auf der Klinge bilden, den man vielleicht gar nicht wahrnimmt. Das mit Öl zu zerstören ist eigentlich kontraproduktiv.
Beide genannten Produkte (Ballistol und WD-40 und ich bin sicher, dass da viele andere gibt) sind KEINE KONSERVIERUNGSMITTEL für antike Gegenstände, sondern Putzmittel für tagtäglich gebrauchten Waffen, Geräte, Motoren, Schlösser etc. die auch wirklich verdreckt sind (Schiesspulverrückstände, Staub, Metallpartikel, Roststaub, verharztes Öl etc). Es sind keine Konservierungsmittel, weil sie keinen stabilen Schutzfilm auf den Gegenstand bilden. Die Hersteller magen ihre lobeslieder singen bis die Sonne untergeht...
In einen anderen Thread habe ich geschrieben zu Thema Messer mit Rostnarben:
Zitat: | ... Weil Ballistol (oder jeder beliebiger Waffenöl) rostfördernd wirkt. Es schützt kurzfristig nur blankgeschliffenen oder brünierten Stahl - nur so lange bis es nich austrocknet (verseift - saponifiziert) oder ranzig wird, weil sich Fettsäuren bilden. Wenn mann Rost mit Öl getränkt, wird die Prozess neu gestartet. Darum lösen sich ja die Rostpartikel, weil die Volumenzuwachs beim Rost (2Fe2O3+3H2O) gegen Eisen oder Stahl etwa 70% ist.
Wenn man ein solches Messer täglich gebraucht und gepflegt wird, ist es nicht so schlimm, aber wenn es ein paar Mal benutzt wird und dann einige Zeit eingeschmiert rumliegt, geht das Prozess in den Eintiefungen weiter. Trockenwischen nach der Rasur hilft da wenig, und mit gleich danach aufgetragenen Öl wird die Feuchtigkeit in die Rostnarben eingesiegelt.
Darum sehe ich Rostnarben als problematisch und Messer mit eingefressenen Rost sind für mich dasselbe wie eine Briefmarke mit beschädigten Zähnung für einen Filatelisten.
|
Schwarzer Patina (Pitting) ist was ganz anderes:
Zitat: | ...Pitting (Schwarzer Patina, Magnetit, Fe3O4) und Rostnarben sind zwei gaaaanz verschiedene Sachen. Pitting kann man entfernen, wenn man will, und es ist auch stabil wie Bronzepatina. Gar kein Problem.
Rostnarben sind eine ganz andere Sache - kleine Löcher in Stahl, die man nie richtig ausputzen kann und wo die Korrosion sich jederzeit neu ansetzen kann. Besonders beim Rasiermesser wo Stahl theoretisch täglich mit Wasser in Kontakt kommt, ist es schon bedenklich - die kleinen Rostparikel werden wieder und wieder mit frischen Elektrolyt versorgt und das Korrosion, was ein Elektrochemischer prozess ist, wird sich langsam weiterentwickeln.
|
Manche sehen das Patina als erwünschenswert (ich auch) und wollen es nicht auspolieren. Auch da Sind Waffenöle nicht die beste Lösung - die wirken auch auf Patina lösend und können da elektrochemisch aktive Gemische bilden.
Für Rasiermesser, die als Sammlerstücke aufgehoben werden sollten und nur selten benutzt werden, würde ich folgendes empfehlen:
Zuerst mechanisch putzen zum erwünschen Zustand. Dann mit Testbenzin (white spirit, Stoddard Solvent) waschen, bestens were ein Bad, aber ein reichlich getränktes sauberes baumwollenes Lappen tut es auch. Dann an einen warmen un trockenen Ort völlig ausdämpfen lassen. Die Klinge nicht mit blossen Hand anfassen! Danach eine dünne schicht Mikrokristallwachs (Microcrystalline wax) mit einen feinen Künstlerpinsel auftragen. Austrocknen lassen. Nochmal eine Schicht auftragen. Austrocknen lassen. Mit einen weichen sauberen Lappen polieren.
Empfehlen kann ich (10 Jahre positiver Erfahrung)
Renaissance Wax
Und wieder: die Klinge nicht mit blossen Hand anfassen! Und wenn man sich mit seiner Prachtstück rasiert, danach das ganze Prozess wiederholen - Testbenzin, Wachs, Polieren. Dieser Wachs ist auch für alte Hornschalen gut.
abc123 schrieb:
Zitat: | Ohne Wasser- und Sauerstoffzufuhr gibt es keinen Rost.
|
Genau, und Öl erfüllt diesen Funktion nicht - jeder Öl ist hügroskopisch. Wasser enthält aber immer auch Sauerstoff. In völliger Trockenheit würde sich nur sehr langsam ein Schicht von schwarzen Patina (Magnetit, Pitting) bilden. Luft spielt in aktiven Rostbildung fast keine Rolle.
Wer den Angelsächsischen mächtig ist und mehr über Korrosionmechanismen erfahren will, kann hier weiterlesen:
Ferrous Metal Corrosion
Alles Gute
Jacobvs Diese Nachricht wurde am 22.08.2007 um 19:38 Uhr von Jacobvs editiert. |