Diskussionsnachricht 000060
01.09.2013, 02:29 Uhr
harrykoeln
registriertes Mitglied
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Ich kann ja gut nachvollziehen, wenn jemand mit möglichst wenig Aufwand ein Messer scharf bekommen will. Wer will das nicht. Das Problem ist nur: So ganz ohne Aufwand wirds nicht gehen.
Du solltest Dir klar machen, was Du überhaupt erreichen willst. Und Dir dann erstmal Gedanken machen, wie Du dahin kommst und was Du dazu brauchst. Wenn Dein Wunsch beispielsweise heisst ich will Rasiermesser von Grund auf schärfen, dann haste schon einen anderen Workflow als wenn Du sagst, ich will meine Messer rasurbereit halten...
Dann mach Dir ne Aufstellung, was Du brauchst um Dein Ziel zu erreichen. Was wären Deine Wunschequipments A, B und C, und mit welchen Kosten schlagen die ins Kontor. Stell das auf und pinsel Dein Budget daneben. Wäge ab, kalkuliere. Wo musste Kompromisse machen, die eher weniger faul sind. So wird dann vieles klarer und lässt Dich dann garantiert nicht mehr losrennen und irgendwas kaufen was Du nicht - oder noch nicht brauchst...
Natürlich sind die Budgets begrenzt, keine Frage. Dennoch ist gerade das Sparen am Schleifequipment, sparen an der falschen Stelle. Vielleicht sparst Du auch erst und kaufst Dir dann nächsten Monat nen besseren Stein?
Doch gibt es auch hier Möglichkeiten, Kohle zu sparen. Die erste ist mal gleich das Monitoring, die Lupe.
Ein USB Mikroskop ist ne feine Sache, aber wenn Du nicht weisst, worauf es ankommt, kannst Du die Facette bei 10 facher oder bei 200 facher Vergrößerung betrachen, irgendwie guckste immer wie ein Schwein ins Uhrwerk. Wenn Du sparen willst - spar hier! Kauf Dir ne Plasteuhrmacherlupe mit 20facher Vergrößerung für 5 Euro und Du hast hier schon mal alles, was Du fürs Schärfen brauchst. War eine meiner ersten Anschaffungen - und ich nutze genau das Teil auch heute noch regelmäßig!
Die Steine:
BBB ist 'n geiler Stein, der sich in jedem Setup gut macht. Gerade die Belgier, denn das gilt für den gelben Ardennenbruder genauso, können Dir eine Körnungsrange bieten, das Du rote Ohren bekommst. Mit Schleifschlamm unterschiedlicher Herstellung und Wasseranteil kannst Du den Blauen zwischen - na 3k und knapp 6k nutzen, den Gelben sogar recht bissig bis an die 8k ran. Da musst Du die Steine aber gut kennen und den Schlamm so ein-, und herstellen können, wie Du ihn gerade brauchst.
Stefan hat hier vor einigen Jahren nen Test mit nem BBB veranstaltet und ein RM nur mit nem BBB wieder rasurtauglich geschärft. Das heisst, er taugt schon zum Finisher - Punkt. Ob die damit erzeugbare Schärfe allein glückselig macht, sei dahingestellt, rasieren jedenfalls kannste Dich mit nem so geschärften Messer.
Willste auch Scharten rauswetzen und 'n bisserl Spaß am Blauen haben und den nicht für 50 Messer aufbrauchen, nimmste was Groberes davor. Der hier erwähnte 1k/3K Cerax ist ein guter bis sehr guter Arbeiter für die Basis. Das gilt für beide Seiten.
Damit biste dann schon recht gut aufgestellt, 1k, 3k, 5k... Das Grundlegende in 2k Sprüngen abgefrühstückt - und das mit zwei Steinen, da gibbet nix zu meckern.
Nen Manufactum-Thüringer dazu (oder baugleich), den Du dann nach dem BBB einsetzen kannst - und Du hast ein Equipment, mit dem sich arbeiten lässt.
Dann gehts drum, REPRODUZIERBARE Ergebnisse zu erzielen und dann fängt der Spaß an und für sich erst an. Dazu brauchste als Anfänger zwingend ne Lupe, denn Du musst wissen, wann Du auf einem Stein fertig bist und auf den nächsten gehen kannst und musst. Anfänglich erkennt man das ganz gut unter der Lupe. Auffm 1000er biste fertig wenn a) alle Scharten raus sind, UND b) die Kante der Schneide gerade erscheint und (je nach Lichteinfall) als weisse Linie zu erkennen ist UND c) das Messer die Haare vom Unterarm/Handrücken nimmt. Und zwar genau in dieser Reihenfolge. Auf den anderen Steinen biste dann fertig, wenn die Schleifspuren des Vorgängers raus sind. Wenn Du ein paar Messer geschärft hast, weisste dann, wie sich dieser optisch erkannte "Wechselpunkt" auch an der Schneide anfühlt und noch ein paar Messer später, haste nicht mehr alle 20 Züge die Lupe im Auge, sondern bekommst ein "Tastgefühl" dafür wenn der nächste Stein dran ist.
Aber um Himmels Willen, nicht zuviel auf einmal und verzettel Dich nicht, mach Schritt 17 nicht vor Schritt 2. Doch der wahrscheinlich wertvollste Tip ist banal: Frag Dich immer(!), was will ich jetzt erreichen. Was muss ich wie oft tun, um das zu schaffen. Dann wirst Du immer wissen, was Du da tust. Du wirst viel Lehrgeld bezahlen, aber nur einmal. Und dann wirst Du ganz schnell diese wichtigen, sehr guten und vor allen Dingen REPRODUZIERBAREN Ergebnisse erzielen.
Und dann machts erst richtig Spaß.
Achja, in dem Zusammenhang überleg mal, was ein Leder macht und was ein Pastenriemen macht. Betrachte die Schneidengeometrie nach dem Stein und was ich dann dort mit inflationärem Gebrauch eines Pastenriemens anrichte... Und dann auch noch mit unterschiedlichen Pasten...
(Nur als Denkanstoß in Richtung - was mach ich da eigentlich...)
-- Greetinx aus Köln
Harry
Erst wägen, dann wagen - erst denken, dann sagen! Diese Nachricht wurde am 01.09.2013 um 02:46 Uhr von harrykoeln editiert. |