Diskussionsnachricht 000060
06.04.2014, 19:15 Uhr
Frank OZ
registriertes Mitglied
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Wenn’s um sonst nichts mehr geht, geht’s ums Geld. Ich glaube, dass Liebhaber der Nassrasur, also diejenigen, die sich darüber Gedanken machen, diejenigen, die eventuell verschiedenes Zeug und allen möglichen Kram ausprobieren, alle dasselbe Problem haben, egal, ob sie mit Systemschaben, Hobeln oder selbst Messern zur Sache kommen. Jeder weiß erst, was gut, richtig oder brauchbar ist, wenn er ordentlich Leergeld bezahlt hat. Denn ein Rasieraficionado wird seine Suche nach dem Heiligen Gral wahrscheinlich erst aufgeben, wenn er keinen erkennbaren Unterschied zwischen verschiedenen Zutaten mehr erkennen kann oder wenn er investionsmüde geworden ist. Aber bis dahin sind jede Menge Kosten angefallen, ist viel Zeit und Muße investiert worden, die einen direkten Kostenvergleich von System- versus Hobelrasur nur noch sehr abstrakt erscheinen lassen.
Tenferenzu hat 1.500 Späne in den Raum gestellt, bis bei der Hobelei (relative) Glätte herrscht. Dass das ein maßlos übertriebener Mittelwert für Hobler mit Gusto wäre, wage ich zu bezweifeln. Systemiker liegen höchstwahrscheinlich und in überwiegender Zahl deutlich drunter, weil die Schaben sich der Liebhaberei, wie sie hier gepflegt wird, eher versperren. Messermänner hingegen könnten eher noch mehr investieren. Doch das angehäufte, teuer bezahlte Wissen um die Materie amortisiert sich über Zeit, was den Preis irgendwann nach Jahren und Jahren relativiert. Das zum Geld.
Dies zum Spaß: Ich glaube, dass alle Rasiermethoden Spaß machen können. Für Einige zählt allein das Resultat, für andere die Fertigkeit sich kenntnisreich und gewandt die Stoppeln aus dem Gesicht zu entfernen. Generell wird es wahrscheinlich eine Mischung sein. Ich habe mich jahrelang mit Systemschaben rasiert und mich dabei lediglich an einer glatten Rasur erfreut. Immer wenn es eine neue Variation gab, habe ich mitgemacht und hatte wenigstens die Disziplin, die noch vorhandenen Klingen auch noch zu verwenden, bevor es ein Klingenstreifen mehr sein durfte, oder ein Schmierstreifen, oder eine extra Klinge hinten im Kopf zum Trimmen ... . Erst als die Zahl der Klingen im Systemkopf mein mathematisches Fassungsvermögen überstrapazierte und stattdessen die Sinnfrage in den Vordergrund rückte (ich konnte mir Schaben mit 10 Klingenstreifen durchaus vorstellen), habe ich nicht mehr mitspielen wollen und mir wieder einen einfachen Hobel besorgt.
Dadurch wurden meine Rasuren nicht wesentlich ungründlicher, denn auch mit System bleibt eine gleichbleibend hohe Rasierqualität doch von der Tagesform abhängig. So, und mit dem altbackenen Gerät in der Hand begann die Zeit des Ausprobierens, des Lesens im Forum hier und auf der anderen Seite des Mondes, des wachsenden Wissens rund um die Rasur, das mir eine gewisse Expertise verschaffte, die für mich allein schon meine Investitionen rechtfertigt, und Einiges mehr. Und immer wieder tauchte die Aussage auf, dass Systeme ja deutlich teurer wären und weniger gentlemanlike und überhaupt irgendwie viel zu modern für eine der ältesten Tätigkeiten der Menschheit. Das habe ich zwischenzeitlich auch gerne nachgebetet, aber immer mit dem flauen Gefühl im Hinterkopf, dass es natürlich Kokolores ist. Ist es auch!
Nun habe ich inzwischen eine Lösung gefunden, die mir große Freude bereitet und mich voraussichtlich bis auf Weiteres zur Ruhe kommen läßt: Ich rasiere mich mit Rasieröl und benutze den Edelstahlhobel von G+F oder den Feather mit ASP- oder Feather-Klingen. Fertig.
Ja, fertig, denn um sicher zu gehen, dass ich mir nicht doch noch einen mittleren Bären aufbinde, habe ich mir einen metallenen Systemhalter aus den Sonderangeboten eines hier allseits bekannten und vertrauenswürdigen Fachgeschäfts aus einer mittleren Stadt im Bayerischen mit drei Buchstaben geordert und einige Vergleichsrasuren gemacht. Interessant. Dieses schmierend-quietschende Gefühl, wenn die Doppelklingen die Wange heruntersicheln und den Eindruck von Endgültigkeit hinterlassen hatte ich vergessen. Das war bei den Drei- oder Vierklingern, die ich früher hatte, genauso. Eine ganz eigene Qualität der Nassrasur mit System, die ich allerdings nicht unbedingt brauche. Und das Rasierergebnis war ... minimal - minimalst - weniger gut, als mit meinen beiden Favoritenhobeln. Und das kann einfach am Spaßfaktor liegen.
Wie früher werde ich die Klingen wegrasieren, aber vielleicht nur an Wochenenden und eigentlich nur, weil mir die Handhabung des Halters gefällt. Unter dem Strich werde ich bei den Hobeln bleiben und nach all der Zeit des Ausprobierens und Vergleichens und Verwerfens und Lesens und Schreibens weiß ich jetzt wenigstens, warum das für mich so ist. Darin liegt der Unterschied zwischen System- und DE-Rasierern, finde ich.
-- Gut rasiert - gut gelaunt! (Rotbart) Diese Nachricht wurde am 06.04.2014 um 19:19 Uhr von Frank OZ editiert. |