Diskussionsnachricht 000007
21.02.2007, 09:22 Uhr
~UbuRoy
Gast
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muffelmotte schrieb:
Zitat: | @achtmalvier
dieser rostet lediglich nicht so leicht wie kohlenstoffstahl oder minderwertiger baustahl.
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Kurze Anmerkung: Baustahl ist nicht minderwertig, sondern seinem Zweck bzg. Kosten/Nutzen/Eigenschaften angepasst (natürlich mit diversen möglichen Abweichungen). Also wie immer und bei allem der bestmögliche Kompromiss. Gilt auch für Messerstähle. Auf einige Dinge hat man bei der Stahlherstellung, beim Vergüten und beim Schmieden auch nicht immer exakt den gleichen Einfluss, zuviele Faktoren hängen da mit dran.
Deshalb ist ja auch jede Klinge anders.
Perfektion gibt es eben nie, man kann sich nur asymptotisch annähern oder auch Fehler machen (gilt übrigens auch für das Schleifen und Polieren, z.B. wenn das Material bei der Bearbeitung zu heiss wird, wird es halt wieder weich auf Grund diverse chemischer/mechanischer Vorgänge).
Nicht rostenden Stahl gibt es so übrigens auch nicht. Das rostet alles, nur entsprechend träger...(VA, V2A, V4A etc.) je nachdem wieviel Kohlenstoff, Chrom, Molybdän, Vanadium usw. in welchen Mischverhältnissen etc. und zu welchem Zeitpunkt(en) in die Legierung(en) eingebracht werden. (Kristall-)Gitterstrukturen und Korngrößen etc. dürften auch eine Rolle spielen, ebenso die Wärmebehandlung, Lagerung, Umgebungsvariablen usw. wann ein Stahl anfängt zu korrodieren.
Die Japaner beispielsweise sind so detailverliebt, das Sie u.a. bei der Herstellung der Scheiden (womöglich gar der Stähle) VORHER eruieren, wohin das Katana (oder Wakizashi oder Tanto) geliefert wird! Weil Luftfeuchte, Luftdruck, Temperatur usw. erheblichen Einfluss auf das zu verwendende Scheidenmaterial hat (und wie genau es verarbeitet werden muss (Holzart, Materialstärke, Lackierung, Bezug, Spaltmasse, vorherige Alterung, Trocknung,...))
Ich finde es absolut faszinierend, das z.B. Damaszener Stähle oder auch japanische Stähle vor tausend Jahren (aufbauend auf Erfahrungswerten) derart perfekt waren, das es heute nicht möglich ist, 100%tig zu klären, WIE diese Stähle hergestellt, exakt geschmiedet und gehärtet wurden. Das ist unglaublich.
Gerade Damast ist da eine Besonderheit. Inzwischen sind bereits Nanoröhrchen aus Kohlenstoff entdeckt worden und werden dafür verantwortlich gemacht, das Damastschwerter so extrem schneidhaltig und scharf sind. WIE das hergestellt wurde, wird jedoch wohl ewig ein Geheimnis bleiben...
Alles in allem also ein Thema, mit dem sich ein Schmied oder Polierer oder Scheidenbauer (oder Barbier) selbst nach 50 Generationen noch immer befassen kann und muss. Ist doch herrlich, sowas!
Wie beim rasieren, nicht wahr ;-)
Zuletzt noch: Ich würde auf JEDEN Fall vermeiden, irgendwelche Chemikalien (oder gar einen Autoklav!) zur Sterilisation zu verwenden. Der Grat, der Stahl (und die Griffschalen) sind meist so empfindlich, daß Ihnen das GAR nicht bekommt! Legt ein japanisches handgeschmiedetes Kohlenstoffstahl Messer in die Geschirrspüle und es ist ruiniert...
Also am besten mit kochendem Wasser übergiessen und es ist steril. Ansonsten auf der Klinge zu mechanischen Mitteln Greifen. Nichts geht über eine gute mechanische Politur, auch wenn es viel Zeit braucht. Diese Nachricht wurde am 21.02.2007 um 09:42 Uhr von UbuRoy editiert. |