Diskussionsnachricht 000288
03.09.2006, 22:16 Uhr
Achim
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Bevor ich also wegen der angekündigten Renovierungsarbeiten einige Tage offline sein werde: neue Heizkörper, Weißeln des gesamten Wohnraums, klopfe ich noch die von mir gefundenen Sachen weg, daß ich mei Rua hab (meine Ruhe habe). Denn einerseits habe ich die Euch sicherlich interessierenden Stellen lange in meinem auch für mich immer undurchsichtiger werdendem Archiv erfolglos gesucht, andererseits sind sie bei den heutigen Aufräum- und Verräumarbeiten aufgetaucht und mich beschleicht die Befürchtung, dass sie nachher wieder auf unbestimmte Zeit unzugänglich sein könnten.
Das erste, etwas längere Zitat, entnehme ich dem konkret-Magazin 12/2003. Magnus Klaue, so weit ich informiert bin, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin, FB Philosophie und Geisteswissenschaften, Institut für Deutsche und Niederländische Philologie, schreibt dort über das Versandhaus Manufactum, das den meisten ja bekannt ist:
"Die in Schottland hergestellte Moleskin-Arbeitermütze hingegen wird, dem proletarischen Kundenkreis entsprechend, mit 51 Euro stark unter Wert verkauft. Was begrüßenswert ist, weil gerade den arbeitenden Klassen die Lebensphilosophie von Manufactum näher gebracht werden muß. Anders als humorlose Ideologiekritiker glauben, die im Warenkatalog von Manufactum nichts als die Verschleierung kapitalistischer Produktionsverhältnisse mittels einer Rhetorik des Edlen und Authentischen erblicken, hat Thomas Hoofs Hausideologie nämlich durchaus auch einen kritischen Gehalt. Die knauserige Neusachlichkeit, die vermeintliche Marxisten hierzulande gegenüber der kapitalistischen Dekadenz hervorkehren, ist womöglich der Hauptgrund für die verbreitete Abneigung gegen sozialistische Experimente. Hätte Honecker frühzeitig die Fühler ausgestreckt und Thomas Hoof nach Gera gelockt, existierte die DDR wahrscheinlich heute noch.
Das typisch deutsche Mißverständnis, wonach politische Moral und Integrität mit Häßlichkeit und ästhetischer Ödnis einhergehen müssen, während Luxus und Verschwendung ein Zeichen von Verworfenheit sind, könnte Manufactum korrigieren helfen. ...Verschwendung und Überfluß, wußte schon Adorno, sind nur so lange verwerflich, wie es Menschen gibt, die nicht daran teilhaben."
"Magnus Klaue bestellte bei Manufactum zuletzt eine 100-ml-Flasche "Trumper's Astor Cologne" (45 Euro)"
Auf diesen Artikel erfolgte ein Leserbrief in der Ausgabe konkret 1/2004:
"...Und jeder, der sich einmal mit dem "Rasierapparat Merkur Futur" (46 Euro) das Gesicht enthäutete, um sich danach mit dem "Blutstiller" aus Aluminiumsulfat und Kaliumalaun (7,90 Euro), mit dem frühere Generationen zu Härte und Stillhalten (Männlichkeit) erzogen worden sein mögen, das Gesicht erst zu elektroschocken und dann zu versteinern, der wird sich nach einem beliebigen dieser "billigen Plastikwegwerfprodukte" sehnen, die man günstig in einem Drogeriemarkt erstehen kann."
Nun, insgesamt hochinteressant. Im Falle des Futur finde ich das Statement nicht richtig, was die "Versteinerung" durch den Alaunstift angeht, denn doch schon, da ich ihn häufig in Gebrauch habe und mein Gesicht wirklich merkwürdig "versteinert" sich anfühlt.
So Leute, is jetzt harter Stoff, aber bitte.
Gruß
Achim
-- 1 goldener Diese Nachricht wurde am 03.09.2006 um 22:25 Uhr von Achim editiert. |