Diskussionsnachricht 000000
06.10.2008, 17:29 Uhr
blindbox
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Hallo zusammen,
vorab, es geht hauptsächlich um das bewährte Thema »Schärfen & Abziehen«, dem stetigen Quell von Freude, Leid, Anfängerfehlern, Offenbarungen und Erkenntnissen. Ich habe zahlreiche Forenbeiträgen studiert und bin begeistert über die vielen Tipps, Infos und Erfahrungswerte, die hier zusammengetragen wurden und mir in den vergangenen Monaten geholfen haben das Messer richtig herum zu halten und den Stoßriemen nicht als Schnapsglaskelle zu verwenden. Dafür erstmal ein herzliches Dankeschön.
Zugegeben, als »Rasiermesser-Junior« ist man vor lauter Anregungen manchmal auch etwas erschlagen, da viele Wege nach Rom bzw. zur guten Rasur führen. Nach den ersten eigenen Erfahrungen und Experimenten mit Metall, Leder und Schaum inklusive Schnitzer und Erfolgserlebnisse, habe ich aber zumindest noch den Kopf auf den Schultern und die Nase an angestammter Stelle Anfangs neigt man wohl dazu, sich über jedes fallende Barthaar voller Begeisterung wie ein Schulbub’ zu freuen. Inzwischen merke ich aber, dass es spürbare Unterschiede gibt und ich wohl manchmal mit müden Klingen um die glatte Gesichtsoberfläche gerungen habe. Daher muss die Anfangseuphorie einfach mal weichen und das bisherige Treiben im Badezimmer hinterfragt werden, was der allgemeinen Begeisterung aber keinen Abbruch tun soll – im Gegenteil. Und damit meine Versetzung in das zweite Novizenjahr nicht gefährdet ist, wäre ich über ein paar Tipps und Ratschläge froh.
Kleiner Einblick in den Badezimmerschrank:
Aktives Werkzeug aus dem Nassrasur-Fundus:
- Stoßriemen XL (glatte Seite zum Abziehen und schwarze Seite mit TI-Paste)
- Kleiner Hängeriemen mit Chromoxid auf Leinenseite (Lederseite als »Trainingsseite« abgehakt)
- Belgischer Blauer Brocken
- Seife, Pinsel, After-Shave etc. ...
Anmerkung: Nach einem verkorksten Intermezzo mit einem kleinen Chromoxid-Hängeriemen, der wohl mit irgendetwas behandelt war und die Acrylfarbe (Schmincke PRIMAcryl 13559 Chromoxid stumpf) daher nur wie eine darüber gelegte Asphaltstrecke an- und nicht aufgenommen hat und keinerlei Wirkung zeigte, habe ich eine noch verfügbare Leinenseite zweimal dünn bepinselt. Die Farbe war in 10 Minuten gummiartig trocken. Bei Acrylfarbe habe ich eigentlich nichts anderes erwartet, aber hier und da habe ich von stundenlangen Trockenzeiten in Kombination mit anderen Inhaltsstoffen (Öl, Pflegepaste gelb, etc.) gelesen. Aha und uii, da fliegt doch ein Haar – wobei ich nicht weiß, ob es von der Leinenstruktur, die ich vorher eher nicht benutzt habe, oder der grünen Farbe kommt
Als Richtung weisendes Rasiermessers nehme ich mal mein Friodur 8/8 span. Hohlkopf (unkompliziert, scharf, saubere Rasur, wie sie wohl sein sollte). Für die weiteren Aktionen und Fragen hätte ich diese zwei unterschiedliche Messer als Beispiel parat:
Wacker 6/8, 1/1, spanischer Hohlkopf
Aktueller Zustand: vom Start weg etwas ruppig, kein Haartest möglich, Unterarmtest O.K., Rasur machbar aber leicht reizend auf der Haut.
Le Grelot 6/8, 1/4-hohl, Rundkopf
Aktueller Zustand: Haartest in der unteren Klingenhälfte mit etwas Schmackes durchführbar, Rasur vergleichsweise angenehm und ordentlich, aber kein Friodur-Ergebnis.
Was in jüngster Zeit geschah:
Beim Wacker bin ich x-mal mit und ohne Schleifschlamm über den BBB und habe immer wieder Richtung Pasten- und Abziehriemen getestet. Mangels Erfahrung hat sich allerdings nicht das Gefühl irgendeiner Rückmeldung beim Schleifen eingestellt. Die höhere Schule mit Lupe und Kontrollblick muss wohl noch auf den Stundenplan. Aber probieren geht über studieren. In Etappen bin ich anschließend bestimmt 50-80x je Seite über den grünen Leinenstreifen, habe einen kurzen Abstecher mit 10-20x je Seite über die (huppelig anmutende) schwarze Stoßriemenseite mit der TI-Paste gemacht und dann 40-50x die feine Stoßriemenseite bemüht. Der Haartest gelingt erstmalig einigermaßen >0,5 cm über dem Haltepunkt. Zumindest ist noch nicht Hopfen und Malz verloren. Das Grelot habe ich (ohne BBB) etwa 30-40x über den grünen Pastenriemen geschickt und auf dem Stoßriemen ebenso oft abgezogen. Der berühmte Haartest ist jetzt knapp 1cm vom Haltepunkt durchgängig möglich.
Testrasur:
Links Wacker, rechts Grelot. Das vollhohle Messer rasiert noch immer etwas knisternd rau (als würde es sich einhaken und die Haare weghebeln wollen). Beim viertelhohlen Le Grelot geht es gewohnt geräuschlos und sanfter zur Sache, aber ich stelle keine richtige Aha-Steigerung fest. Das Rasurergebnis ist bei beiden ähnlich und so la la vertretbar inklusive Bitzeln auf der Haut, das beim Friodur nicht ins Gewicht fällt. Und: Ein Haarabsäbeltest ist bei beiden Messern direkt nach der Rasur nicht möglich (?). Spaßeshalber habe ich jetzt sechs Stunden später noch mal getestet: Beim Grelot geht es wieder knapp 1 cm über dem Haltepunkt verteilt über die ganze Breite und beim Wacker im Grunde überhaupt nicht (außer an einer Stelle in der Mitte / 2. Grad im Eimer?).
Was tun?
Bevor ich jetzt auf der Suche nach Sanftheit & Schärfe in Aktionismus verfalle oder mit Scheuklappen durch die Gegend renne, frage ich lieber um Rat. Auch mit Bitte um Nachsicht und auf die Gefahr hin, dass sich eventuell Fragestellungen aus dem Zusammenhang anderswo im Forum wiederholen. Nebenan beim Thema »New Generation« hat Bartisto freundlicherweise das Thema »haarscharfe Messer« und deren »Schärfezustand« aufschlussreich aufgelistet (Danke). Darum werde ich es bei meinen zwei Klingen mir ganz dolle Verkneifen nach der 27. Rasur auf »Einrasieren« und sich einstellende »Gründlichkeit« zu hoffen.
1. Ausrüstung
a) Pastenriemen: Da ich meinem eigenen grünen Leinen-Pastenriemen nicht so richtig traue , habe ich mir die Anschaffung eines Spannriemens (z.B. Dovo oder Puma mit Abzieh- und grüner Seite) als Zwischenschritt vor dem Abziehen überlegt. Auch geschickt für unterwegs.
b) Hängeriemen: Da es sich hier um zwei unterschiedliche Messer handelt, überlege ich, ob ich es alternativ für das tägliche Abziehen mal mit einem XXL-Hängeriemen probiere (Riemen ohne oder mit Griff, falls das was bringt). Mein Friodur ist und bleibt aber wegen dem spürbaren Erfolg auf dem breiten Stoßriemen gut aufgehoben
2. Messeroptimierung
a) Frei raus gefragt: Habe ich bei oben beschriebener Vorgehensweise irgendetwas vergessen oder definitiv falsch gemacht? Zumindest kann man sich noch mit den Messern rasieren
b) Kann ich die Ausrüstung sinnvoll verbessern? Bringt es vielleicht schon die angedachte alternative Vorgehensweise mit Spann- und XXL-Riemen oder soll ich z.B. zwischen BBB noch einen feineren Stein (MST, Spyderco UF) packen?
c) Auf langfristige Sicht: Sollte man, speziell beim rauen 1/1-Messer, besser gleich die ganze Schleifstein-Sammlung auspacken oder fällt das in die Rubrik »Mit Kanonen auf Spatzen geschossen«?
In diesem Zusammenhang, einfach mal nachfolgend bisher gesammelte Ideen zu durchgängigen Schleif-Paketen, die im Forum schon vielfach und variantenreich diskutiert worden sind. Vielleicht mag ja jemand trotzdem ohne große Erläuterung einfach seinen Paket-Tipp mit einwerfen:
Paket 1 »Japanische Schärfe-Helfer«
1000 Naniwa - 3000 Naniwa - (BBB) - 8000 Naniwa – Pastenriemen Chromoxid (notwendig?) - Abziehriemen
Paket 2 »Moderne Schleifsteine & Klassiker«
1000 King oder Naniwa - Spyderco M, F + UF - Pastenriemen (notwendig?) - Abziehriemen
Paket 3 »Natursteine Preis-Leistung«
1000 King - 4000 King - BBB - MST-Thüringer oder 8000 King - Pastenriemen - Abziehriemen
Paket 4 »Harte Keramik-Jungs«
Shapton 2000, 5000, 8000, ... Hängeriemen
Habe ich etwas vergessen? Meine Schleifsteinerfahrungen sind eher rudimentär. Grundsätzlich würde es mich das Thema aber interessieren, weil ich gerne sonstige Messer und Werkzeuge im Haus mal ordentlich schärfen möchte. Ja, dabei habe ich schon den Hinweis im Hinterkopf, dass man die Sense und das Rasiermesser zumindest nicht unbedingt auf der gleichen Schleiffläche bearbeiten sollte Es muss ja nicht alles sofort realisiert werden, da es auch eine Budgetfrage ist. Etwas Horizonterweiterung und Zukunftsvisionen können aber nicht schaden.
So (Luft holen), dass war es erstmal. Ich hoffe, dass das etwas mehr an Text bei der Diagnose und Behandlung meiner Fragezeichen hilfreich ist. Danke vorab fürs Lesen und ich würde mich über etwas »Nachhilfe« freuen, damit die guten Messer nicht nur scharf wie Paprika sondern wie Chilischoten werden ...
Gruß
Carsten
-- »Rasiermesser, Grillgabel und Hochvoltlicht, sind für kleine Kinder nicht.«
Le Grelot, TI, Wacker, Friodur ... XL Hand am Arm Mühle Diese Nachricht wurde am 06.10.2008 um 17:29 Uhr von blindbox editiert. |