Diskussionsnachricht 000000
24.08.2010, 15:30 Uhr
Paysbas
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Hallo Freunde der gepflegte Rasur,
Nachdem im Forum schon mal die Diskussion über Alternativen für den Lederriemen auftauchte hat mich dieses Thema irgendwie interessiert. Sicherlich kann dieses Thema auch interessant sein für z.B. Veganer. Hier möchte ich aber bewusst die moralischen Hintergründe vermeiden, es geht mir schlichtweg darum, ob eine Alternative Methode vom Abziehen funktioniert. Ein zweiter Grund war für mich, ob ich Balligkeit vermeiden konnte.
Aus lauter Jux habe ich ein Versuch mit ein Stück Balsaholz durchgeführt. Ich habe mir ein Stück Balsaholz von ca. 20 x 5 Cm gekauft und die eine Seite eingelassen mit Eisenoxidpaste (ja, irgendwie ist sie mir lieber als Chromoxidpaste), und die andere Seite naturbelassen. Selbstverständlich habe ich beide Seiten mit feinem Schleifpapier auf ein Glasplatte plangeschliffen und feinst poliert. Auf dieser Weise kann dieses Stück Balsaholz den Pasten- und unbehandelter Lederriemen ersetzen.
Meine Versuche habe ich im Zeitraum von 10.04.2010 bis 23.08.2010 durchgeführt.
Es gab 5 meiner Rasiermesser, welche so oder so einen frischen Schliff gebrauchen konnten. Deshalb hatte ich mich entschieden mit diesem Rasiermesser den Versuch durch zu führen.
Mit diesem Rasiermesser habe ich den Versuch durchgeführt:
1. Zwilling 5/8 normalstahl
2. Nadet 5/8 normalstahl
3. Dovo 5/8 normalstahl
4. Kiku Hiro 6/8 normalstahl (Japaner)
5. Heartring 5/8 normalstahl
Nach dem Schliff auf den feinen Steinen (GBB, Thüringer oder BM Schiefer) zog ich das jeweilige Messer ab auf der mit Eisenoxidpaste eingeriebene Seite vom Balsaholz. Wie üblich beim Lederriemen, habe ich so lange abgezogen, bis der Haartest bestanden wurde. Das Messer wurde mit dem Rücken voran (wie beim Lederriemen), abgezogen. Abschließend habe ich das jeweilige Messer auch die unbehandelte Seite abgezogen, ca. 50 Doppelzüge. Schneide und Rücken sahen feinst poliert und glänzend aus.
Mögliche Vorteile der Balsaholzmethode:
1. Das Balsaholz ist eben und gibt nicht nach. Deshalb entsteht an der Schneide keine Balligkeit. Der Schliffwinkel ist vom Hersteller vorgegeben und wird bestimmt vom Verhältnis zwischen Rückenbreite und Klingenbreite. Da das Balsaholz nicht oder kaum nachgibt, ist der Abzugswinkel gleich der Schliffwinkel.
2. Es ist (aus verantwortete Anbau, z.B. FSC) weitgehend frei von moralische negative Hintergründe
3. Es ist relativ preiswert in Vergleich zum Stoß-, Spann-, oder Hängeriemen.
4. Es ist leicht zu verarbeiten
5. Es poliert die Schneide sehr fein, wie auch der Lederriemen.
Mögliche Nachteile der Balsaholzmethode:
1. Das Balsaholz ist eben und gibt nicht nach. Deshalb kann es passieren dass die Schneide nicht bis in der Spitze poliert wird. Ggf. kann der Winkel zu flach werden und das Rasiermesser ist nicht so haltbar.
2. Der relativ flache Winkel ergibt auch längere Mikrozähnchen, dies führt ggf. zum unsanfteren Rasur.
3. Es sieht vielleicht nicht so edel aus wie ein schöner Riemen. Ich meine aber dass dieser Nachteil verkraftbar ist.
Vorgehensweise:
• Schüssel vorwärmen im Waschbecken
• Gesicht waschen mit warmem Wasser und Seife
• Im Schüssel Seife oder Creme aufschäumen mit warmem Wasser
• Gesicht eincremen mit kreisende Bewegungen
• Rasiermesser abziehen auf der unbehandelte Balsaholzseite (ca. 30 Doppelzüge)
• Toilettenpapier bereitlegen zum Messer abwischen
• noch mal einpinseln mit gerade Strichen
• Rasur mit dem Strich
• Gesicht einpinseln mit kreisende Bewegungen
• Toilettenpapier bereitlegen
• Das Rasiermesser nochmal abziehen auf die unbehandelte Balsaholzseite, ca. 30 Doppelzüge
• Gesicht einpinseln mit geraden Strichen
• Rasur gegen den Strich
• Gesicht waschen mit warmem und kaltem Wasser
• Schüssel, Messer und Pinsel reinigen
• Aftershave auf Gesicht auftragen
• (nach kurze Einwirkungszeit) Nivea aus der blaue Dose auftragen
• Rasiermesser auf der unbehandelte Balsaholzseite abziehen (5 Doppelzüge)
Ziel war, heraus zu finden ob die Balsaholzmethode eine brauchbare Alternative ist für den Lederriemen. Ich werde feststellen ob die Rasuren gründlich und sanft sind und ob die Schärfe lange anhält.
Bisher (stand 21.05.2010) rasieren diese 5 Rasiermesser sanft und gründlich, bestehen den Haartest auch nach der Rasur.
Da ich meine anderen Rasiermesser nach wie vor auf dem Spannriemen abziehe, habe ich eine gute Vergleichsmöglichkeit. Die Rasiermesser auf dem Balsaholz abgezogen setzen etwas „härter“ an. Sie rasieren aber trotzdem sanft und gründlich.
Heute, den 08.08.2010, sind die auf Balsaholz abgezogenen Rasiermesser nach wie vor scharf und rasieren angenehm und gründlich.
Heute, den 24.08.2010, stelle ich deutliche Unterschiede zwischen den Messern fest. Das Zwilling und Heartring Messer sind nach wie vor scharf, bei den anderen Messer stelle ich ein Nachlassen der Schärfe fest. Der Haartest bestätigt mein Gefühl.
Deshalb kann ich konkludierend sagen: ja, es funktioniert mit dem abziehen auf Balsaholz. Aber ein paar Nachteile müssen im Kauf genommen werden:
1. Das Messer setzt etwas unsanfter an (ist verkraftbar)
2. 3 meiner 5 Messer wurden schneller stumpf. Ich muss allerdings sagen dass ich dicke und feste Barthaare habe. Jedoch, wenn es einem wichtig ist Leder zu vermeiden, ist auch dieses verkraftbar.
-- Herzliche Grüße aus dem Emsland
Paysbas Diese Nachricht wurde am 26.08.2010 um 10:12 Uhr von Paysbas editiert. |