Diskussionsnachricht 000000
01.10.2010, 11:04 Uhr
~forent
Gast
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Nassrasieren: Schnell, billig, simpel!
Das traf ein Vierteljahrhundert für mich zu: Seit jeher rasierte ich mich nass mit einem Gillette Contour-Schwingkopfrasierer, billigen Nachbauklingen, Dachshaarpinsel, Rasiercreme und Alaunstein. Alle zwei Tage galt: Kaltes Wasser ins Gesicht, Rasiercreme einmassieren, im Gesicht aufschäumen, den Affen aus meiner Visage kratzen, abspülen, Alaun als After-Shave, ab unter die Dusche. Einen Drang, das zum Kult zu machen, hatte ich nie. Bemerkenswerterweise hat nicht nur der Rasierer, sondern auch der Pinsel all’ die Jahre bestens funktioniert: Seine Haare sind zwar um ein Drittel kürzer geworden, aber ein Nutzungsende ist nicht abzusehen. Leider hat sich aber die Qualität und Verfügbarkeit der NoName-Schwingköpfe erheblich verschlechtert - sie sind nur selten erhältlich und viele kommen bereits stumpf aus der Packung - und die Originalklingen von Gillette und Wilkinson waren mir zu teuer.
Also entschloss ich mich zum Umstieg. Ein zeitgenössischer Raumschiff-Enterprise-13-Klingen-Schwing/Wackel/Senkkopf-Rasierer mit eingebautem Vibrator und mp3-Player kam nicht infrage. Lieber wollte ich ausprobieren, ob es denn nicht mit den seriösen, altmodischen Rasierhobeln aus der Großvaterzeit funktionieren könnte (vor denen mich mein Vater - er schwört auf blaue Gillette-Einwegrasierer mit Palmolive-Dosenschaum - stets gewarnt hatte).
So erwarb ich denn verlustrisikoarm einen Wilkinson Classic im Blister: Der erste Versuch - ich hatte gehörigen Respekt vor dem schwarzen Ding mit dem dicken Kopf - war überraschend: Erstens hatte ich mich nicht zersäbelt, zweitens kratzte das Ding schon ohne Klinge, drittens war ich noch so stoppelig, als hätte ich mich im Dunkeln mit der linken Hand rasiert. Das wurmte mich, ich suchte Trost und Rat im Netz und fand dieses Forum hier. Nach einem Abend Lesens waren die meisten Fragen geklärt, ich zückte am Folgemorgen den am Vorabend entgrateten WC, benutze erstmals warmes Wasser (das war mir bislang zu unfrisch) und mähte mutiger drauflos. Folgen: Weniger Stoppeln, mehr Rasurbrand. Aber schon nach dem vierten Versuch wusste ich, dass der Umstieg gelingen könnte, und kaufte mir den vielgelobten Merkur 23C. Aaah, ein richtiges Werkzeug, jede Rasur ging etwas schneller und sauberer vonstatten, eigentlich prima. Aber irgendwie lag mir der Griff zu dünn in den Pfoten. Sind die anderen besser? Ich fahndete im Netz und dann sah ich ihn und wusste, er würde meiner Hand gefallen: der Mühle R106. Gedacht, gekauft, getestet: Einfach toll. Von der ersten Benutzung an wusste ich, dass es sich richtig anfühlt. Die Rasur ist jetzt, drei Wochen nach dem Umstieg, wieder so sauber und schonend wie mit dem Systemrasierer, dabei weiß ich, dass ich noch dazulerne (denn ich brauche alles in allem fast 15 Minuten). Und die benutzten Klingen (Bond, Croma, Alando) funktionieren ziemlich gut, nur die Wilkinson-Originale gefielen mir nicht.
Versuch geglückt! Jetzt bin ich wieder bei einem Rasiersystem, über das ich nicht mehr nachdenken muss. Vielen Dank dafür diesem Forum: Das warme Wasser war ein Gewinn, ebenso der Umstieg von Schlecker- auf Speick-Rasiercreme. Die beiden anderen Hobel (Merkur 23C und WC) werde ich im Mitgliederverkauf anbieten; nichts soll mich vom Lernen mit dem Mühle ablenken. Auf dass es bald wieder heiße:
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