Diskussionsnachricht 000022
04.09.2013, 10:11 Uhr
The American
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maranatha21 schrieb:
Zitat: | - vor etwa einem Jahr mein erster Versuch mit dem Messer. Ging gar nicht! Von Rasur war nicht zu reden und ich wusste an vielen Stellen in keinster Weise, wie ich die rasieren sollte, ohne mich aufzuschlitzen. Versuch dann nach ca. 10 misslungenen Rasuren beendet und wieder auf den Hobel konzentriert.
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Das erinnert mich sehr an meine eigene Geschichte. ;-) Ich hab auch wochenlang mit mir gehadert, wo denn nun genau der Fehler im System liegt, dass es nur zupft, hakt und hängt und wie man denn nun genau das Ding hält und führt, damit es sich anfühlt wie eine Rasur und nicht wie Folter. Ich hab mich auch schon komplett für unfähig gehalten... bis mir ein (messer- und schleiferfahrener) Bekannter mein (neues) Dovo-Messer endlich auf eine anständige Rasurschärfe brachte. "Ach soooo muss ein Haartest also funktionieren!" Was soll ich sagen: Die erste Rasur danach war eine Offenbarung.
Meine Erkenntnis: Zwischen "rasierfertig" und "RASIERFERTIG" liegen eben Welten. Die Schärfe, die z. B. Dovo ab Werk ausliefert (bei Aust weiß ich das nicht) ist meist ein Witz und ein paar Runden über die Steine sind unerlässlich. Ich bin mir fast sicher, wenn Du Deinem Messer einen ordentlichen Schliff verpasst (oder verpassen lässt), wartet eine ganz neue Erfahrung auf Dich.
Auch der Kampf mit der richtigen Haltung und Handhabung (richtiger Winkel, Normal- oder Klammergriff, kleine schabende Bewegungen vs. lange ruhige Züge) hat sich danach ganz schnell erledigt. Man versucht anfangs instinktiv, dem "stumpfen" Messer durch Verrenkungen und Verkrampfungen irgendeine Art von Schneidleistung abzuringen... was natürlich nicht funktioniert – also sucht man den Fehler bei sich ("Ich kanns einfach nicht").
Ich garantiere Dir: Wenn Du das erste Mal mit einer wirklich scharfen Schneide und mit einem sanften senkrechten Strich nach unten nur den Schaum von der Wange streifst (statt bewusst die "Stoppeln abschneiden" zu wollen), wirst Du merken, dass im Hintergrund die wirkliche Arbeit ganz dezent und quasi nebenbei erledigt wird. Und dann weißt Du, dass Du auf dem richtigen Weg bist.
Das nächste Aha-Erlebnis hat sich dann bei mir eingestellt, als ich irgendwann unterschiedliche Messer ausprobiert habe – zum Beispiel die 1/4 hohle Sheffield Silver Steel Klinge eines Freundes. Danach habe ich erst mal gemerkt, dass mein Bart schlicht zu dicht und hart für die meisten doch recht weichen, flexiblen Schneiden der modernen, halb- bis vollhohl geschliffenen Klingen ist, die trotz aller Schärfe manchmal einfach überfordert sind.
Deren Vorteil (für mich eher ein Nachteil) ist ja eben der, dass sie Dir aufgrund ihrer Sensibilität viel Feedback geben, was sie gerade machen - oder eben auch nicht machen. Und das resultiert halt manchmal darin, dass sie vor allzu dichtem "Unterholz" scheuen und bocken, während ein guter, eher steifschneidiger Kaltblüter ungerührt weiterpflügt.
Bestes Beispiel: Mein super scharfes, aber federleichtes und frickeliges Dovo Prima Klang, das für mich zu wenig Eigengewicht hat, das es für stetige, ruhige Züge mit ins Rennen bringen könnte. Ich find's furchtbar, wie ich diese Diva an jeder Welle und Rundung an die Kandarre nehmen muss, um ihr zu zeigen, wo's langgeht. Wäre ich nur bei diesem meinem ersten Messer geblieben, würde ich heute immer noch regelmäßig Kohle für Plastik-Klingen-Müll raushauen, statt sie in tolle Seifen und ASs zu investieren.
Hätte nie gedacht, wie viel Fummelei und Stress mir das "richtige" Messer für meinen individuellen Bartwuchs abnehmen kann. Sogar eine zunächst einschüchternde 8/8-"Axt" von Dorko hat sich im Nachhinein für mich als Vorteil herausgestellt - für den Bereich unter der Nase zum Beispiel. Der hohe Messerrücken biegt nämlich fast automatisch meinen dicken Riecher so platt oder zur Seite, dass ich sogar direkt unter den Nüstern von Anfang an einen vernünftigen Ansatz und Schneidwinkel hinbekomme und später nicht umständlich und quer zum Strich mit dem Klingenkopf an diesen Stellen herumfuhrwerken muss.
Ein weiteres Aha-Erlebnis war bei mir eine gute Pre Shave Creme oder Öl. Pre Shave in der Konsistenz eines After Shaves (also super flüssig) brachte bei mir gar nichts. Hinterher macht das natürlich alles Sinn: Mein starkes Barthaar braucht zum richtigen Ein- und Durchweichen einfach mehr als nur eine heiße Dusche und gründliches Einseifen, auch wenn das bei vielen anderen ausreicht.
Was ich damit sagen will: Nicht aufgeben, Jens! Auch bei Dir sind es unter Garantie nur Details, die bei der Messerrasur optimiert werden müssen - Klinge nicht scharf genug, Schneide zu weich (oder zu hart), Barthaar nicht richtig eingeweicht etc.
Ich vermute fast, dass es bei Dir wirklich an der Schärfe liegt. Warum sonst sollte Deine Shavette so viel besser funktionieren als ein Messer? Weil Shavette-Klingen eben immer knackenscharf aus der Packung kommen, während man den allermeisten Messern diese Schärfe antrainieren und erhalten muss.
Viel Erfolg und viele Grüße,
Thomas
-- The American |