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NassRasur.com-Forum » Rasierhilfsmittel und Pflegeprodukte » Unsere Duftlegenden im Praxis-Test: » Themenansicht

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Autor Thread - Seiten: -1- [ 2 ]
Diskussionsnachricht 000000
12.10.2013, 21:07 Uhr
The American
registriertes Mitglied


Vorsicht, bei Ironie-Unverträglichkeit nicht weiterlesen!

Ok, heute war es also soweit: Meine bessere Hälfte wollte sich samstags gemeinsam mit gefühlten 3 Millionen anderen Pärchen durch Düsseldorfs Innenstadt schieben lassen. Ich habe in dieses absurde, weil masochistische Unterfangen allerdings nur unter der Prämisse eingewilligt, dass uns einer der vielen unnötigen Wege an einem qualifizierten Riechtempel vorbeiführt. Meine Wunschliste von hochgelobten, aber leider noch unbekannten Rasur- und Pflegeprodukten hatte inzwischen die Dimension eines Manifests angenommen und es war höchste Zeit, die mythische Spreu vom praktischen Weizen zu trennen – olfaktorisch gesehen.

Und so wurden wir irgendwann vom Menschenstrom in dieses hinlänglich bekannte Warenhaus-Faszinosum gespült, das mit „Manu“ anfängt und leider allzu oft mit einem dicken Posten auf der Kreditkarte aufhört. Die Gattin steuerte wie am unsichtbaren Faden gezogen die Bekleidungsecke an und ward nicht mehr gesehen, während ich mir in der Kosmetik-Abteilung meinen mitgebrachten Klappstuhl aufbaute, mir aus der Thermoskanne einen grünen Tee eingoss und in Erwartung der bevorstehenden Dufterlebnisse meine Haut großflächig von störender Bekleidung befreite. Angestellte und Kunden gleichermaßen versuchten, mich mit durchdringenden Blicken von meinem Vorhaben abzubringen, hatten aber meine wilde Entschlossenheit offensichtlich unterschätzt.

• Erstes Fläschchen: D. R. Harris Old English Lavender Water. Harris? Ja, so steht’s auf dem Etikett geschrieben. Water? Ja, kommt recht dezent daher. Lavendel? Genau das – allerdings auch nicht viel mehr. Old English? Ok, ist aufgrund der barocken Aufmachung und der vielen Anglizismen ebenfalls glaubhaft. Fazit: What you see is what you get – Lavendel steht drauf, Lavendel ist drin. Nicht spektakulär, aber zumindest ehrlich. Bleibt also auf der Liste.

• Flakon Nr. 2: Penhaligon’s Blenheim Bouquet. Der erste Eindruck: Anachronistisch-schräge Kopfnote – ich würde sagen, englischer Landsitz ganz hinten, unten. Vielleicht entwickelt sich’s noch, dachte ich bei mir, während ich mir das Handgelenk benetzte. Tat es auch, wenn auch in eine für mich noch unangenehmere Richtung. Runter von der Liste. Sorry, Winston.

• Nr. 3: Dominica Bay Rum. Wird schon schiefgehen. Bin schließlich ein großer Bay Rum Fan. Leider kein Fan von diesem hier. Kopfnote: Nelke. Herznote: Noch mehr Nelke. Basisnote: NELKE! Mag ich normalerweise sehr, aber diese Intensität kannte ich bisher nur aus Zahnarztpraxen. Sorry, Dominica, auch Du hast Deine Faszination für mich verloren. Schade eigentlich. Die Flasche sieht nämlich echt toll aus.

• Nr. 4: Musgo Real Classic After Shave. Oh, hallo, schöne Frau. Dezent, grasig, warm, weich – das könnte was mit uns werden. Eine romantische Affäre für zwei, drei Stündchen, bis der feine Duft verflogen ist. Musgo, Du rückst unter die Top Five vor.

• Mutiger geworden und gleich zur Nummer 5 gegriffen: Alt-Innsbruck AS. Sofort fiel mir mein Opa ein. Und zwar nicht etwa, weil er so roch, sondern weil er immer zu sagen pflegte: „Wenn Du nichts Nettes über jemanden sagen kannst, sag einfach gar nichts.“ Uuuund gestrichen.

An dieser Stelle machte sich bereits leichter Kopfschmerz breit und ich atmete zur Entspannung etwa eine Minute in die wunderschöne Wollwalk-Hirschleder-Jacke, bis ein mich nervös umkreisender Verkäufer ein tadelndes Räuspern hören ließ. Dazu muss man wissen: Genau dieser Jacke statte ich in diesem Laden immer mal wieder einen Besuch ab – und zwar so lange, bis sie aus dem Sortiment genommen wird. Uns verbindet schon seit langem eine Liebe, die aber aufgrund unüberbrückbarer Klassenunterschiede (konkret: 798,00 €) platonisch bleiben wird.

Meine Begleitung wiegte derweil zärtlich ein Paar hübsche Damenschuhe aus Kalbsleder in ihren Armen, die laut der Preisangabe aber auch genauso gut aus purem Gold hätten bestehen können – wertvolle Zeit, die ich für weitere Tests nutzen musste. Die Kopfschmerzen wurden immer unangenehmer.

Jetzt aber: Meine Nummer Sechs ist Knizes Nummer Zehn. Eigentlich ein Unding, dass ich drei Jahre meines Lebens in Wien verbracht und nicht ein einziges Mal meine Nase in dieses sartoriale Kleinod am Graben gesteckt habe. Beim korrespondierenden Duft handelt es sich um (ich zitiere) „eine Ledernote mit zitrisch-frischer Kopfnote mit Petitgrain, Orange, Rosmarin und Bergamotte, die Herznote ist herb bis holzig mit Zedern- und Sandelholz, die Basisnote ledrig mit Castoreum und Ambra.“ Ach so. Und ich Banause habe es einfach nur für eine Explosion im Regal eines Apothekers gehalten. Man lernt nie aus. Knize Ten – leider nein.

Es kann natürlich auch an dem Umstand gelegen haben, dass meine Nase inzwischen mein Gehirn anflehte, diesem biochemischen Gemetzel durch eine ausgewachsene Migräne-Attacke ein Ende zu setzen. Und so entriss ich meiner protestierenden Begleitung kurzerhand die Strickjacke aus Yakhaar vom Gegenwert eines Gebrauchtwagens und wir steuerten ein kleines, japanisches Restaurant an, in dem es nach Miso-Suppe, frischem Fisch und nach sorgfältig geschrubbten Holztischen roch. Und das war das einzige Mal, dass wir an diesem Tag die Geldbörse gezückt haben. Nun ja, ich habe die Geldbörse gezückt. Wegen der Sache mit der Yak-Jacke. Das war zwar Notwehr, aber nicht besonders sensibel.

Liebes Forum,
hasst Du mich jetzt?

--
The American

Diese Nachricht wurde am 12.10.2013 um 21:09 Uhr von The American editiert.
 
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Diskussionsnachricht 000001
12.10.2013, 21:38 Uhr
Lafette
registriertes Mitglied


Fantastisch!

Dafür gäbe es von mir ein Danke, wenn wir hier so etwas hätten.

Gruß

Marc
 
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Diskussionsnachricht 000002
12.10.2013, 21:54 Uhr
kinkjc
registriertes Mitglied


Auf keinen Fall!!

Wunderbar geschrieben, ich liebe so etwas, kurzweilige, ausführliche Duftbeschreibungen, mit Witz und Esprit dargestellt. Aber was die Zuneigung zu den verschiedenen Düften angeht, werden wir bei den meisten keine Freunde, nur die "Domina" lehnen wir beide ab. Bay Rum ist astrein, aber genau wie Du berichtest - das ist einfach too much.

Ich habe gewiehert bei der Beschreibung der Duftnoten - genau so empfinde ich das auch. Die Zahnärzte unter uns werden es lieben, aber wir beide?? Nein!

Dr Harris ist mir zu banal und flach, egal welche Richtung, das ist was für's Unterhaus, ich bin Oberhaus -> keine Übereinstimmung!

Musgo Klassik muss ich passen - ich kann nicht alles haben :-(

Knize Ten, Alt Innsbruck, Blenheim, alles Düfte wo die Nasenflügel beben und mein Herz aufgeht. Für immer in meinem Fundus einen Ehrenplatz.

Das mit der Jacke habe ich nicht kapiert, haste eine blöden Spruch gemacht und musstest hinterher für die Dame beim Japsen bluten, oder doch die Jacke eingetütet? Dazu würde auf jeden Fall Knize Ten passen.

--
kinkjc - wie einst die Cäsaren: "Er kam, sah und rasierte!" Die Dekadenz kommt auch nicht von ungefähr!
 
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Diskussionsnachricht 000003
12.10.2013, 22:23 Uhr
The American
registriertes Mitglied


kinkjc schrieb:

Zitat:
Das mit der Jacke habe ich nicht kapiert, haste eine blöden Spruch gemacht und musstest hinterher für die Dame beim Japsen bluten, oder doch die Jacke eingetütet? Dazu würde auf jeden Fall Knize Ten passen.

Nein, ich wurde nur im Nachgang belehrt, dass meine Ansage, dieses Etablissement umgehend zu verlassen, doch einen Hauch zu abrupt gewesen sei, da meine Herzensdame ja noch nicht mal Zeit gehabt hätte, "sie wenigstens einmal überzuziehen".

Ich habe dann versucht, sie aufzumuntern, indem ich einen kleinen linguistischen Exkurs darüber startete, ob denn das Wort "Jacke" seinen Ursprung beim "Yak" haben könnte, was aber nicht wirklich funktioniert hat. Die Übernahme der Rechnung war dann eher ein kleines Signal der Reue von meiner Seite.

--
The American
 
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Diskussionsnachricht 000004
12.10.2013, 23:21 Uhr
dark50
registriertes Mitglied


...gerade noch, vor dem zu Bett gehen den Praxistest von The American gelesen.
Kompliment. Hab mich selten so, bei Deiner Beschreibung von Düften, amüsiert.
Allerdings oute ich mich als bekennender Dominica Bay Rum Fan.....nichts für ungut. :-)
Und gute Nach.
Liebe Grüße Klaus

--
dark50
 
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Diskussionsnachricht 000005
13.10.2013, 05:04 Uhr
~Cognac
Gast


Jetzt weiß ich wenigstens, wer mir da auf seinem Klappstuhl gestern immer im Weg stand! Klasse Beitrag!!
 
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Diskussionsnachricht 000006
13.10.2013, 08:27 Uhr
DetlefM
registriertes Mitglied


Schön, einfach schön!

Bin gespannt wenn Du nächste Woche in der City von Köln unterwegs bist, welche Düfte Du uns dann präsentierst.

In Erwartung, wünsche ich allen einen schönen Sonntag.

Detlef

--
Timor DeLuxe 5/8 HEROLD 155Ri Mühle R89 FH-10, ASP Mühle Silvertip Fibre 21mm Musgo Real, Speick, Calani, Sterling, Klar Kabinette Modell CLASSIC
 
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Diskussionsnachricht 000007
13.10.2013, 10:05 Uhr
Drill Instructor
registriertes Mitglied


Vielen Dank für die Schilderung, endlich mal ehrliche Duftbeschreibungen ohne Herstellergeschwurbel. Bei den Flaschen die im Laden beschnüffelt werden, sollte ich das vielleicht auch mal machen, bei der selbst getesteten Software mache ich es bereits.

--
Im Sommer 2014 habe ich kühlendes Aftershave verwendet. Alle drei Tage.
 
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Diskussionsnachricht 000008
13.10.2013, 10:41 Uhr
The American
registriertes Mitglied


DetlefM schrieb:

Zitat:
Bin gespannt wenn Du nächste Woche in der City von Köln unterwegs bist, welche Düfte Du uns dann präsentierst.

Köln? Nie gehört.
Es wird wohl eher die Türkei sein, ab Donnerstag ist Urlaub angesagt.

Danke jedenfalls für die Blumen - freut mich, dass es pläsiert.

--
The American
 
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Diskussionsnachricht 000009
13.10.2013, 10:54 Uhr
Drill Instructor
registriertes Mitglied


Zumindest sprachlich hast du dann ja doch Köln-Feeling

--
Im Sommer 2014 habe ich kühlendes Aftershave verwendet. Alle drei Tage.
 
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Diskussionsnachricht 000010
13.10.2013, 11:03 Uhr
Asphalthaut
registriertes Mitglied


Roflol!@sprachliches Kölnfeeling!

--
Schleifen, polieren, schärfen, rasieren. So einfach ist das.
 
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Diskussionsnachricht 000011
13.10.2013, 12:47 Uhr
The American
registriertes Mitglied



Stimmt, so kann man's auch sehen.

--
The American
 
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Diskussionsnachricht 000012
13.10.2013, 14:30 Uhr
makethingssharp
registriertes Mitglied


@ The American
Sehr schön geschrieben. Das macht Spaß zu lesen.
Und wieder einmal ein Beweis, wie unterschiedlich persönliche Duftpräferenzen sein können.
Für mich z.B. rangiert das Alt Innsbruck unter den Top 5 meiner Wässerchen. Mal ganz vorne, dann wieder auf einem Platz weiter hinten (also 2-5). Hängt auch von der Jahreszeit ab.

Diese Nachricht wurde am 13.10.2013 um 14:31 Uhr von makethingssharp editiert.
 
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Diskussionsnachricht 000013
13.10.2013, 15:04 Uhr
Atze2000
registriertes Mitglied


Schließe mich dem Lob der Vorredner vorbehaltlos an, bitte aber, das vernichtende Urteil über Knize Ten nochmals zu überprüfen (ggf. in adäquater Dosierung).



btw:

Zitat:
... Mutiger geworden und gleich zur Nummer 5 gegriffen: Alt-Innsbruck ...

Warum ist noch niemand beim Uerigen auf den Gedanken gekommen, ein AS rauszubringen?
"Alt-Düsseldorf"
 
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Diskussionsnachricht 000014
13.10.2013, 19:30 Uhr
legobasher
registriertes Mitglied


Schöner Bericht! Mich interessiert noch, ob du beim Bay Rum nur an der Flasche geschnuppert ist (was ich für äusserst grauenvoll empfunden habe) oder auf der Haut getestet hast (was mich absolut überzeugt hat).
 
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Diskussionsnachricht 000015
13.10.2013, 23:45 Uhr
The American
registriertes Mitglied


@legobasher: Ich hab's schon aufgetragen und immer wieder mal dran geschnuppert. Hat nicht für mich funktioniert.

@Atze2000: Ja, schade, ich hätte mir auch gewünscht, dass Knize mein Fall gewesen wäre. Wäre eine schöne Erinnerung an meine Wiener Jahre. Aber leider, leider sind wir nicht füreinander geschaffen. Ich versuch's irgendwann sicher noch mal - vielleicht stehen dann die Sterne günstiger.

Wg. Alt-Düsseldorf: Lieber nicht. Ich denke, Bierdunst, Schweiß und Metthappen-Aroma wären 'ne Mischung, die unseren guten Ruf ruinieren könnten. ;-)

--
The American
 
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Diskussionsnachricht 000016
14.10.2013, 12:28 Uhr
legobasher
registriertes Mitglied


Ich nutze es auch eher als "Beruhigungsmittel" nach strapaziösen Rasuren. Da der intensive Duft recht schnell verfliegt nutze ich es oft in Kombination mit einer bedufteten ASC (z.B. Karo).
 
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Diskussionsnachricht 000017
14.10.2013, 13:47 Uhr
The American
registriertes Mitglied


Ok, in zwei Tagen geht's ab in die Türkei. Da ja einige von Euch meinen obigen Duft-Check offensichtlich ganz kurzweilig fanden, werde ich damit in den nächsten Tagen in die zweite Runde gehen. Keine Ahnung, ob und was dort unten verfügbar ist, aber folgende türkischen Kolonyas / ASs stehen bereits auf meiner Liste:

• Rebul
• Haci Sakir
• Belgin
• Selin

Wenn einer von Euch noch Vorschläge hat, welche türkischen Wässerchen sonst noch interessant sein könnten: Immer her damit. Ich werde aber leider nicht in Istanbul sein und daher sind etwas ausgefallenere Sorten vielleicht nicht verfügbar.

Duru Limon habe ich bereits hier, aber das ist nicht mein Fall - zu sehr "4711" für mich. Wenn jemand an der noch fast vollen 400 ml-Flasche interessiert ist, lasst es mich wissen.

--
The American
 
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Diskussionsnachricht 000018
14.10.2013, 14:22 Uhr
dark50
registriertes Mitglied


...noch ein türkisches After Shave

EFE After Shave

Viel Glück

--
dark50
 
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Diskussionsnachricht 000019
25.10.2013, 00:22 Uhr
The American
registriertes Mitglied



Von Aromen, Phantomen und Teutonen:
Duft-Hunting Türkei


Ich möchte mich bei allen Lesern und Nicht-Lesern schon einmal vorsorglich für die Länge dieses Beitrages sowie für die eventuelle Überdosis an Zynismus entschuldigen. Vielleicht werden die Gründe hierfür beim Lesen deutlich, denn mich verschlug es nach...

... Alanya, Du Stadt der Sandalettenträger, wo Kebabs die Teller und Schweinshaxen die Trottoirs bevölkern. Alanya, Du Zuflucht der Rentner mit den traurigen Augen, die schon zu viele Wetterberichte sahen, Heimat der stolzen Holsten-Helden und stillen Reval-Rebellen, verstoßen aus dem Kreise ihrer herzlosen Daheim- und Zurückgebliebenen. Alanya, Du Perle des leergefischten Mittelmeers, Du Brücke zwischen Orient und Kukident, zwischen Muhezzin und Insulin, zwischen Animation und Reanimation – von Dir, oh Alanya, soll meine heutige Geschichte handeln.

Oder vielmehr von einer Odyssee durch Deine Supermärkte, Drogerien und Apotheken auf der Suche nach dem flakongewordenen Beweis türkisch-kölnischer Verbundenheit – sofern es dieses Beweises überhaupt noch bedarf. Ich spürte dem heiligen Gral aller osmanischen Düfte nach, dem goldenen Vlies der Hauterfrischung, Handbeduftung und Herzerwärmung, dem ultimativen, dem echten, dem einzig wahren Colonya.

Einige generelle Vorab-Informationen zu türkischen Eau de Colgnes wären an dieser Stelle vielleicht angebracht, um zeit- und kostenintensive Kaufräusche mit anschließender Katerstimmung unter den Forumsmitgliedern zu vermeiden. Colonyas sind in der Türkei nicht nur beliebte Nasenerfrischer und Allheilmittel gegen Migräne, Verspannungen, Rasierunfälle und Naturkatastrophen, sondern offensichtlich auch ein gesellschaftliches Politikum (www.sueddeutsche.de/leben/tuerkei-hass-liebe-koelnisch-wa...). Da ich aber nun kein Moderator eines regierungsnahen türkischen Fernsehsenders bin und daher nicht Gefahr laufe, aufgrund allzu kritischer Bemerkungen über Colonyas meinen Job zu verlieren, möge man mir meine Offenheit bei der Beurteilung einiger Produkte nachsehen.

Wer übrigens (wie bei EdTs oder EdPs) die Colonyas nur durch das Schnuppern an der geöffneten Flasche be- und verurteilt, handelt übereilt. Die relativ geringe Duftkonzentration wird vom hohen Alkoholgehalt so verzerrt, dass man das Experiment des Auftragens schon wagen muss, um sich wirklich ein Bild vom der Komposition zu machen. Wenn’s nicht pläsiert, ist der Duft eh meist in relativ kurzer Zeit wieder verschwunden.

Zu den gängigen Duftrichtungen gehört unter anderem „Rosenwasser“, von denen mir zwei, drei Vertreter unter die Nase gekommen sind. Sie alle zeichneten sich durch eine betäubend-klebrige, barocke und schwülstige Holzhammer-Süße aus, die unter den Geruchsrezeptoren eines normalsterblichen Mitteleuropäers eine mittelschwere Massenpanik verursacht. Man könnte sie wohlwollend als gewöhnungsbedürftig bezeichnen – wenn man sich denn jemals an sie gewöhnen könnte. In früheren Jahrhunderten sicher eine legitime Methode, um dem omnipräsenten Gestank von Schweiß, Exkrementen und Schlachtabfällen ein potentes Antidot entgegenzusetzen, ist dieses Aroma in unseren Breiten fast ausschließlich noch im Umfeld gespenstischer Erbtanten anzutreffen, die dem Schmutz auf den Wangen argloser Kleinkinder mit speichelbenetzten Spitzentaschentüchern zu Leibe rücken. Ich klammere diese Duft-Gattung daher bei meinen nachfolgenden Betrachtungen explizit mit dem Lutzer-Zitat aus: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“

Die bei weitem beliebteste Duftrichtung und somit der kleinste gemeinsamen Nenner unter Colonya-Anhängern ist Limon, also Zitrone – seit Alters her der Inbegriff von Frische und Sauberkeit. Betrachten wir zunächst einen angenehmen Vertreter dieser Gattung, das SELIN Limon Kolonyasi. Ein Duft wie ein schüchterner, kleiner Hotelpage im ersten Lehrjahr – immer abrufbereit, niemals vorlaut und bei Nichtgefallen auch schnell wieder verschwunden. Mein Urteil: sympathisch, praktisch, gut. Also wurde im nächsten Migros-Supermarkt ein kleines Plastikfläschchen (200 ml) von mir kurzerhand für umgerechnet ca. 1,50 € erstanden. Es soll hier im Forum ja einige Mitglieder geben, die Colonyas als After Shave verwenden. Das nötigt mir allerdings einen Heidenrespekt sowie einen gewissen Unglauben ab. Die 80% Alkohol im SELIN verursachen auf meinem frischrasierten Gesicht jedenfalls Empfindungen, die mich unwillkürlich an das traurige Ende des heiligen Bartholomäus erinnern, dem die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen wurde. Männers, entweder flunkert Ihr oder Ihr könntet Euch selbst auch die Weisheitszähne mit der Rohrzange ziehen, ohne mit der Wimper zu zucken. Chapeau!

Preislich vergleichbar, aber sperriger als das SELIN kommt das DURU Limon daher. Ja, ebenfalls zitronig-frisch – aber für meinen Geschmack viel zu nah an meinem ganz persönlichen Alptraum namens 4711. Ist es vielleicht wie beim Kölschen Vorbild gar Neroli oder Rosmarin, das mir beim DURU den Spaß verdirbt? Was es auch sein mag, es ist jedenfalls noch da, nachdem sich die fröhlichen Zitronen längst verabschiedet haben – wie der unangenehme, volltrunkene Schwätzer, der auf jeder Party grundsätzlich das dickste Sitzfleisch beweist. Daher bleibt DURU definitiv im Regal – allerdings auch, weil bei mir zuhause noch eine volle Flasche davon steht, die mir ein wohlmeinender türkischer Freund einmal geschenkt hat. Wir sind übrigens immer noch befreundet, obwohl er im Rahmen seiner vielen Besuche sicher schon bemerkt hat, dass der Inhalt der Flasche einfach nicht weniger wird. Wie gesagt: Meine Vorbehalte gegen DURU mögen sehr subjektiv sein.

PE RE JA Turistik Limon Cicegi Kolonyasi – ein zeitgemäßer und durchaus auch in unseren Breiten häufig anzutreffender Geruch. Ich spreche bewusst von Geruch und nicht von Duft, denn dieses zwischen provinziell, penetrant und rabiat changierende Synthetik-Gemisch haftet an der Haut wie der sprichwörtliche Dreck am Stecken und weckt Assoziationen mit der Toilette der Autobahnraststätte Königsforst an der A3 – beziehungsweise mit dem Scheibenreinigerzusatz, den man an der Tankstelle gleich daneben erstehen kann. Versteht mich bitte richtig: Es geht völlig in Ordnung, wenn man der Welt im Allgemeinen und den Menschen im Speziellen nichts Gutes abgewinnen kann. Aber wer seine Verbitterung in Form eines solch infamen Konglomerats auslebt, muss damit klarkommen, früher oder später die Völkerverständigung auf dem Gewissen zu haben. Für mich ganz klar der Misanthrop und Nestbeschmutzer unter den türkischen Colonyas und dieses ansonsten sehr sympathischen Landes schlicht unwürdig.

--
The American
 
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Diskussionsnachricht 000020
25.10.2013, 00:23 Uhr
The American
registriertes Mitglied


Das erklärte Ziel meiner Streifzüge durch die merkantile Infrastruktur der türkischen Riviera aber war von Anfang an ein ebenso hochgelobtes wie rares High-End-Wässerchen aus dem Hause REBUL. Das Problem: Das Stammhaus befindet sich im 850 Kilometer entfernten Istanbul und selbst für einen passionierten Duft-Hunter wie mich stand die zwölfstündige Autofahrt dorthin nicht wirklich in einem vernünftigen Verhältnis zur ersehnten Schnupper-Offenbarung. Also galt es, das Kosmetik-Portfolio der hiesigen Händler auf links zu drehen – immer in der Hoffnung, dass sich zumindest einer von ihnen dieser Sintflut aus gefälschten Lifestyle-Düften und Sonnencremes entgegenstemmt und das Banner der Qualität hochhält.

Leider sah es nicht danach aus. Bei der Nennung des Namens REBUL mögen Barbiere im fernen Istanbul vor Ehrfurcht zusammenzucken, bei ihren Kollegen in Alanya zucken dagegen nur ratlos die Achseln. Ich bekam auf mein unermüdliches Nachfragen zwar sicher ein Dutzend mal eine Dose des phonetisch fast identischen taurinhaltigen Energy-Drinks unter die Nase gehalten, niemals jedoch eine Flasche der begehrten Essenz. REBUL sei ein Mythos, insistierte auch ein älterer Apotheker mit tadellos frisiertem Schnäuzer und ebensolchen Augenbrauen, ein sagenhaftes Elixier, für das man mindestens drei Drachen töten und ebenso viele Jungfrauen retten müsse. Daher sei meine Mission leider zum Scheitern verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt aber wollte ich meine Niederlage noch nicht wahrhaben.

Nach stundenlanger, vergeblicher Suche sank ich irgendwann erschöpft und frustriert auf einer schattigen Parkbank nieder und haderte lautstark mit dem Niedergang der globalen Parfum- und Rasierkultur. „Warum“, klagte ich meinem Sitznachbarn, einem älteren türkischen Herrn, mein Leid, „warum nur lässt sich heutzutage jeder Geschäftsmann vom Meistbietenden den Schneid abkaufen und opfert jahrhundertealte Körperpflege-Traditionen bedenkenlos auf dem Götzen-Altar der Hure Nivea? Ist es nicht genug, dass man im Land der Barbiere und Kuaföre die stolze Derby-Klinge in die hintersten, staubigsten Winkel der Ladenregale verbannt und das Feld kampflos den Plastik-Mutanten und Aerosol-Tensiden eines Kulturimperialisten wie Herrn Gillette überlässt? Sehen Sie mir Ungläubigem meine Ignoranz nach, mir ist leider nicht bekannt, ob Ihr werter Mohammed ebenfalls die Geldwechsler aus dem Hause des Herrn hinauswarf. Aber wie sagte schon Papst Gregor der Große: Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn ihr der Zorn dienstbar zur Hand geht. Der Zorn, der gerechte Zorn, verstehen Sie?“ – „Evet, evet“, nickte der Türke, fixierte mit seinen Augen ein weit entferntes, unsichtbares Ziel und bot mir eine Hand voll gesalzener Mandeln an, um mein Mundwerk anderweitig zu beschäftigen.

Zurück im Hotelzimmer benetzte ich meine geschundenen Glieder mit der tröstlich-naiven Frische des SELIN und versuchte mir vorzustellen, wie mein weiteres Leben schlimmstenfalls ohne REBUL fortzuführen sei – ein wahrhaft hoffnungsloses Szenario. Meine Reise- und Lebensbegleiterin betrat den Raum mit der Frage, ob ich dem Zimmermädchen durch einen Anfall ungezügelter Putzwut zuvorgekommen sei oder ob die Colonya-Flasche ein Leck aufwies. Nun gut, vielleicht hatte ich das SELIN doch allzu generös verwendet. Ich öffnete die Balkontür und schenkte dem flüchtigen Resthauch des kleinen Zitronen-Rackers die Freiheit.

Am nächsten Tag war mein Tatendrang einer tiefen Resignation gewichen und meine Herzensdame konnte mich nur mit Mühe zu einem gemeinsamen Besuch des benachbarten Süpermarket überreden. Die Aufstockung der Trinkwasser-Vorräte erschien mir angesichts der uns umgebenden Konsum- und Kulturwüste als völlig sinnloses Unterfangen; dennoch willigte ich mangels alternativer Möglichkeiten der Freizeitgestaltung schließlich ein. Beim lustlosen Durchstreifen der Regalreihen bemerkte sie dann irgendwann beiläufig: „Sag mal, hast Du nicht gestern nach diesem REBUL gesucht? Das steht da hinten.“

Was dann passierte, kann ich nicht mehr genau sagen. Jedenfalls fand ich mich irgendwann in unserem Zimmer wieder, umringt von vier großen Flaschen REBUL Eau de Cologne. Meine Frau erzählte mir später, sie sei auf dem Rückweg zum Hotel aus Scham einige Meter hinter mir gelaufen, da mein euphorisches und grenzdebiles Verhalten unter Einheimischen und Touristen gleichermaßen einige Irritationen ausgelöst hätte. Ihre Rufe der Zurechtweisung waren scheinbar von den Engelschören und Harfenklängen in meinem Kopf übertönt worden. Wie dem auch sei: Ich war endlich stolzer und überglücklicher Besitzer der REBUL-Varianten Lavendel, Mandarine, Grüner Tee und Feigenblüte.

--
The American

Diese Nachricht wurde am 25.10.2013 um 00:42 Uhr von The American editiert.
 
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Diskussionsnachricht 000021
25.10.2013, 00:24 Uhr
The American
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Der Duft des REBUL Lavanda EdC ist schnell beschrieben: kurze cologne-typische, alkoholisch-flüchtige Ouvertüre – danach eine wunderbare Lavendel-Sinfonie, die sanft und für ein EdC überraschend lange ausklingt. Kurz gesagt, die exakte Abbildung blühender Lavendelbüsche an einem Hochsommer-Tag in Grasse. Sein einziges Manko: Es ist und bleibt wie alle REBULS dieser Serie ein Eau de Cologne, dessen Halbwertzeit nie an die Ausdauer eines Eau de Toilettes heranreichen wird. Für einen erneuten Kick muss man halt noch mal nachlegen. Aber man zeige mir einen eingefleischten Lavendel-Fan, der bei rund 6 Euro für 270 ml (dies gilt übrigens für alle REBUL EdCs) lange überlegen würde. Natürlich, ehrlich, klassisch, pur – und daher gekauft.

Während die bedauernswerten Gäste des Hotels nebenan zu Beginn eines jeden Tages lautstark mit dem schönen Nana Mouskouri-Klassiker „Guten Morgen, Sonnenschein“ in Urlaubslaune versetzt werden sollen, übernimmt dies in meinem Fall REBUL Mandarine EdC sehr viel angenehmer und zuverlässiger. Das Stöffchen zaubert ein unbeschwert frisches, wenn auch vielleicht ein etwas feminin-lieblich geratenes Aroma auf die Haut und in die Luft. Eine meiner verflossenen Liebschaften benutzte ihrerzeit nach dem Duschen eine bestimmte Körpermilch aus dem Hause Biotherm (Lait Corporel). Nicht, dass ich dieser amourösen Episode meines Lebens nachtrauern würde, aber dieser pudrig-gepflegte „Frisch eingecremt“-Geruch aktiviert weitgehend dieselben Areale meines Riechkolbens und tut dies durchaus virtuos. Wenn ein Duft in der Lage wäre, ein fröhliches Liedchen vor sich hin zu pfeifen, dann wäre es dieser. Hm, also doch „Guten Morgen, Sonnenschein“ – allerdings aus der Flasche statt aus dem Lautsprecher. Herrje, jetzt geht’s offensichtlich nebenan mit Bingo los, um den Raki-Konsum anzukurbeln. Ist ja auch schon fast Mittag. Prostata!

Schenken wir uns daher als distinguiertes Kontrastprogramm ein Tässchen Tee ein. Während es sich bei der grünen Variante des Heißgetränks allerdings eher um eine geschmackliche Verlegenheitslösung handelt, die häufig im Rahmen einer Rekonvaleszenz oder textilen Handarbeit gereicht wird, bewegt sich REBUL Green Tea EdC mit seiner klaren Bergamott-Kopfnote eher im aristokratischen Umfeld eines Earl Grey. Dabei lässt es leider zunächst das typisch britische Understatement vermissen und betritt das adlige Parkett mit einem unstandesgemäßen Paukenschlag. Weniger wäre hier mehr gewesen – es empfiehlt sich also ein sparsames Auftragen. Der etwas großspurige Auftakt ist aber nach einigen Minuten wieder vergessen, wenn die Bediensteten den Ballsaal mit weißen Liliensträußen dekorieren – ebenfalls recht üppig, aber in diesen Kreisen hat man’s ja schließlich. Und am Ende des Abends läuten die männlichen Gäste dann im gediegenen, mit Zedern- und Sandelholzduft geschwängertem Rauchersalon die Basisnote ein. Insgesamt eine so ungewöhnliche wie polarisierende Komposition mit einer erstaunlichen Bandbreite: The Queen would be amused.

REBUL Fig Blossom EdC. Mir fehlen die Worte. Nicht vor Begeisterung, Erstaunen oder Entsetzen – ich bin schlicht und einfach ratlos, weil ich beim besten Willen keine Parallelen mit mir bekannten Aromen herstellen kann. Fest steht nur, dass ich schon Schwierigkeiten beim Abrufen des Geruchs einer Feige habe. Wie nun aber deren Blüte riechen mag, muss ich wohl der Firma REBUL überlassen. Tue ich aber nicht. Denn die Duftbeschreibung auf der Packung mutet schon irgendwie suspekt an:

- zitrische Kopfnote mit Bergamotte (im Unterschied zum Green Tea nicht wirklich identifizierbar)
- Herznote: „green accords“ (was auch immer das heißen mag) mit „weißen Blumen“ (ok, etwas in Richtung Lilie kann vielleicht angehen)
- Basisnote: „reich, berauschend, exotisch-orientalisch, holzig“ – na ja. Berauschend ist allenfalls die Anstrengung, eine Komposition zu beschreiben, von dem offensichtlich noch nicht einmal der Hersteller selbst genau weiß, was er davon halten soll.

Darüber hinaus sollte eine „süß-milchige und weiß-pudrige Textur“ vorliegen – der arme Werbetexter-Kollege tut mir leid. Ich kenne solche Aufträge und Briefings. Ich nenne sie Bullshit-Bingo: Wer dem Kunden die erste konkrete Aussage aus dem Kreuz leiern kann, hat gewonnen. Moment mal... „transparent musk“? Genau, da haben wir’s: Moschus! Das Breitband-Antibiotikum unter den Düften, das keine Götter neben sich haben darf. Das erklärt vieles. Beispielsweise das leichte Wummern oberhalb der Nasenwurzel. Oder die Tatsache, dass sich die bleischwere, beinahe synthetisch wirkende Süße standhaft weigert, sich in irgendeiner Art weiterzuentwickeln. Ein Duft wie eine Wand. So muss es in chinesischen Opiumhöhlen gerochen haben, kurz bevor das große Vergessen einsetzt. Nicht auszudenken, wenn ich damit im Büro auftauche. Die Kollegen würden mich aufgrund von Arbeitskraftzersetzung verklagen oder zumindest übelst mobben. Wieso habe ich diese REBUL-Version gleich noch mal gekauft? Ich erinnere mich nicht mehr – das große Vergessen...

Ich muss noch kurz diejenigen Varianten erwähnen, die nicht in meinem Einkaufskorb gelandet sind und aus welchem Grund. REBUL Jasmin EdC – ja, ganz klar Jasmin, viel Jasmin, Unmengen von Jasmin. Ich HASSE Jasmin. Und ganz eindeutig hasst Jasmin mich auch. Wenn die britische Schauspielerin Emily Blunt – und wer sie kennt, wird vielleicht nachvollziehen können, dass ich total auf sie stehe – wenn also Emily Blunt mir sexuelle Avancen machen und dabei nach Jasmin riechen würde, ich würde sie aus reinem Überlebenstrieb mit einem Besenstiel auf Distanz halten müssen.

REBUL Lime EdC. Ein simples Zitronen-Colonya wird auch dadurch nicht exklusiver, dass man es in Glas statt Plastik füllt, es Lime statt Zitrone nennt und seinen Preis vervierfacht. Tut mir leid, Reisender, ich weiß, Du magst es – aber in diesem Fall: Let’s agree to disagree. Bei Zitronen-Sucht greif ich lieber zum Selin.

Und schließlich REBUL Ice EdC: Als der REBUL-Parfümeur eines Tages nach einer wild durchzechten Nacht bis über beide Nasenflügel verkatert zur Arbeit erschien, entstand der einzig wirkliche Totalausfall der 1895er Serie. Mit verquollenen Augen muss er seinen Laborassistenten gebeten haben: „Hey, Yilmaz, tu mir einen Gefallen und hau bitte mal ’ne Davidoff Cool Water-Kopie zusammen, ok? Und jetzt güle güle, ich muss dringend ins Bett.“ Yilmaz tat sein Möglichstes und erschuf damit den kläglichen Versuch, den Geschmack einer fremdgesteuerten Mainstream-Kundschaft treffen zu wollen, die ohnehin niemals zu REBUL greifen würde. Sei’s drum, wir sind alle nur Menschen.

Nebenan trinkt sich immer noch ein Rudel Heimatvertriebener die nötige Kondition für Frau Mouskouris unvermeidliches musikalisches Morgenständchen an, das in exakt neun Stunden wieder über sie hereinbrechen wird. Am Sonntag geht’s jedenfalls für mich wieder heimwärts. Ich freue mich auf die verregnete, rheinische Stille. Auf Restaurants, zu deren Besuch man nicht animiert werden muss. Und ich freue mich schon auf meinen nächsten Urlaub, der mich mit Sicherheit an ruhigere, authentischere Orte voller Einheimischer führen wird, die hoffentlich kein Wort Deutsch sprechen. Rimini oder Benidorm zum Beispiel sollen ja auch sehr schön sein...

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The American

Diese Nachricht wurde am 25.10.2013 um 00:47 Uhr von The American editiert.
 
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Diskussionsnachricht 000022
25.10.2013, 00:32 Uhr
Drill Instructor
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Sehr genial! Vielen Dank aus Ista... aus Köln!

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Im Sommer 2014 habe ich kühlendes Aftershave verwendet. Alle drei Tage.
 
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Diskussionsnachricht 000023
25.10.2013, 05:27 Uhr
Matten
registriertes Mitglied


Guten Morgen, Sonnenschein...!

Wie immer sehr unterhaltsam, dank an den Amerikaner.

Gruß,
Matten

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Fuddy-Duddy Razor Weirdo

´'`\_(ò_Ó)_/´'`
 
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Diskussionsnachricht 000024
25.10.2013, 08:48 Uhr
dark50
registriertes Mitglied


... Oder verbirgt sich hinter "The American" vielleicht Tommy Jaud ?? :-))

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dark50
 
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