Diskussionsnachricht 000036
02.07.2014, 10:14 Uhr
Frank OZ
registriertes Mitglied
|
Wenn Einer lange genug liest, was so geschrieben steht, könnte bei ihm z.B. der Eindruck entstehen, dass Feather-Klingen die heutige Ausführung von Samurai-Schwertern sind, die der Expertise eines ausgebildeten Nahkämpfers der Sengoku-Zeit bedürfen, um eine vernünftige Rasur hinzugekommenen. Das ist m.E. Unfug. Wenn allerdings im Hinterkopf hängen bleibt, dass Feather-Klingen schärfer sind, als manche andere Klinge und deswegen zumindest anfangs mit etwas Vorsicht zu benutzen sind, dann klingt das in meinen Ohren ganz vernünftig.
Oder: Einer könnte z.B. herauslesen, dass der 37er ein von mittelalterlichen Ritterspielen übrig gebliebenes Turniergerät ist, dessen erfolgreiche Benutzung ihm ein Ticket für die Hand der Tochter des Kurfürsten ausstellt. Unfug. M.E. ist der 37er ähnlich angstfrei zu verwenden wie der 34er. Die Notwendigkeit eine extra dünne Klinge durch Torsion besser zu justieren besteht heute nicht mehr, weil, so weit ich weiß, alle Klingen einen Durchmesser von 0,1 Millimeter haben. Dafür ist beim 37er der "Gillette-Slide" eingebaut, was die Rasur sanfter macht, als wenn Mann mit Breitseite stracks runter mäht.
Oder: Einer könnte zu der Ansicht gelangen, dass es einem geweihten Initiationsritus entspricht, mit einem verstellbaren Hobel, dessen Maul möglichst weit aufgesperrt ist und der - natürlich – eine Feather im Fressbrett hat, wie auf einer Rallye durchs Stoppelfeld kurven zu müssen. Mit Verlaub, auch so eine „Mutprobe“ halte ich für Unfug. Ein grober Blick auf die Geschichte der Rasierkultur sagt mir, dass wir uns seit der Steinzeit vom scharfen Stein über die Machete(?) und später das Messer zum Hobel entwickelt haben, der eine schnelle, sanfte, gründliche und vor allem tägliche Rasur ermöglicht, ohne das Badezimmer in einen Anatomiesaal zu verwandeln. Für mich gilt auch hier, dass weniger mehr ist (weswegen mir Systemies auf andere Art auch schon wieder zuviel sind).
Ich finde, dass alle diese und die bereits angesprochenen Problematiken - Danke, noir, für die Eröffnung dieses Themas! - auftauchen können, wenn Mann sich durch die SeitenSeitenSeiten dieses und anderer Foren pflügt. Das kann dann durchaus dazu führen, dass Einer mehr Frage- als Ausrufezeichen vorm geistigen Auge hat und beginnt, alles anzuzweifeln. So ein Kandidat bin ich z.B.
Mich hat irgendwann der "Alles-Sülze-Virus" gepackt und ich dachte: Kokolores, rundum. Was brauche ich denn tatsächlich für eine Rasur? Hobel, Klinge, Wasser allein genügt nicht, weil das für den täglichen Kram einfach zu umständlich wäre (wahrscheinlich geht’s, ausprobiert habe ich es noch nicht). Aber muss es Seife sein? Muss es eine Rasiercreme sein? Oder könnte es einfach Öl sein? Ja, kann es.
Was ist mit meinem persönlichen größten Fragezeichen, der Jagdtrophäe mit Puschel, dem Pinsel, der da in seinem Halter hing? Geht es auch ohne ihn? Nein, anders: Geht es vielleicht sogar besser ohne ihn? Für mich schon, denn egal ob ich heuer Rasieröl, Rasiercreme oder Rasierseife vom Stick auftrage, lieber verreibe ich den Schmierstoff mit den Fingern. Darauf wäre ich nicht gekommen, wenn ich nicht eines Tages Ende letzten Jahres einfach mal alle "Mythen" infrage gestellt hätte.
Wohin mich das führt, weiß ich noch nicht, aber ich freue mich auf die tägliche Rasur ohne an eine Asservatenkammer, an eine Trophäensammlung oder Riten zu denken. Der Spaßfaktor ist mir geblieben, auch weil mir mein für mich immer noch neuer „Workflow“ außer der Reihe an Wochenenden einige alte Spielzeuge neu erschlossen hat.
Glatte Grüße, Frank
-- Gut rasiert - gut gelaunt! (Rotbart) Diese Nachricht wurde am 02.07.2014 um 10:27 Uhr von Frank OZ editiert. |