Diskussionsnachricht 000012
15.06.2017, 14:38 Uhr
Batou
registriertes Mitglied
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stoppdiestoppel schrieb:
Zitat: | Im Übrigen zählt für mich zu den interessantesten Aussagen des obigen Blogs folgendes:
- Einen vernünftigen Anpressdruck vorausgesetzt, führt ein gepasteter Riemen *nicht* zu Balligkeit! Der Autor hat hier Elektronenmikroskop-Aufnahmen von Facetten gepostet, die 500 (!) Züge auf dem Chromoxid-Pastenriemen hinter sich haben. Der Autor sagt, dass sich die Facette nach den ersten 30 Zügen nicht mehr wesentlich verändert.
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Ehrlich gesagt, bin ich aufgrund meiner Erfahrungen ja schon lange der Überzeugung, dass dieses "ständiges Ledern macht die Schneide ballig" oder auch diese Aussagen, dass die wiederholte Anwendung eines Pastenriemens zum Auffrischen der Schneide die Schneidkanten (bzw. Facetten oder wie man das hier nennt) ballig werden lässt, eine urbane Legende ist, die sich hartnäckig hält und in diversen Foren im Internet immer wieder weiter verbreitet wird.
Wenn man sich mal überlegt, dass selbst ein Hängeriemen an der Stelle wo das Messer aufliegt (korrekter Zug und Anpressdruck vorausgesetzt) einen derart großen Biegeradius bildet, der im Verhältnis zur Breite der Schneidfase der Klinge absolut vernachlässigbar ist!
Dieses ballig-Ledern ist technisch/physikalisch eigentlich unmöglich bzw. der einzige Grund, der eine geringfügig gerundete zweite Schneidfase (micro-convexity) verursacht, ist, wie auf dieser Webseite genau beschrieben, das geringfügige Einsinken durch den Anpressdruck. Solch eine Schneidenform ist aber sogar erwünscht und wird in der Produktion von Rasierklingen (siehe z.B. Fa. Feintechnik in Eisfeld mit ihrem Klingenprofil "Gothischer Bogen") bewußt gefertigt weil sie deutlich robuster und standfähiger ist. Diese bleibt jedoch, wie dort bewiesen, auch nach sehr häufigem Abziehen auf einem Pastenriemen unverändert.
stoppdiestoppel schrieb:
Zitat: | - Der Autor rät dennoch von Chromoxid ab und rät zur Metallpolitur, da sie eher abtragende und (im Vergleich zu Chromoxid) weniger Materialbewegende Eigenschaften hat.
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Das kann ich auch nur bestätigen. Ich bin schon vor einiger Zeit von der Verwendung von Chromoxid komplett abgekommen weil es zu agressiv und zu abrasiv ist. Die Klinge wird zu agressiv-scharf bzw einige Züge zuviel können die Schneide total versauen.
Zum finalen Abziehen nach einer Neuschärfung oder zum Auffrischen der Schärfe meiner Messer verwende ich schon seit einiger Zeit sehr feines Eisen(III)-Oxid (Kremer Pigment Eisenoxidrot PR101) als Paste auf einem Lederriemen und habe damit die besten Erfahrungen gemacht. Die Schneiden bekommen eine deutlich sanftere Schärfe als bei Anwendung von Chromoxid.
stoppdiestoppel schrieb:
Zitat: | - Der Pastenriemen ist für den Autor essenziell, um die Mikrokonvexität ("2. Schneidwinkel") herzustellen, welche für die Stabilität (Schnitthaltigkeit) des Grats sorgt.
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Genau, das ist wichtig. Jede Rasierklinge hat mindestens 2 oder sogar 3 Schneidfasen in entsprechend unterschiedlichen Winkeln oder hat die Form eines gothischen Bogens (Fa. Feintechnik) um diese typischen Eigenschaften zu erreichen.
stoppdiestoppel schrieb:
Zitat: | - Der Autor unterscheidet zwischen Schärfe und "Keennes" (so viel wie "Feinheit" oder - hier - "Sauberkeit" der Facette). Eine Facette muss insbesondere "Keen" sein, um sanft und schnitthaltig zu sein.
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Richtig, das beschreibt ja auch z.B. den Unterschied, warum eine Schneide, die einen hervorragenden Haartest abliefert für die Rasur komplett ungeeignet sein kann. Für die zwei Wörter "sharp" und "keen" gibts halt in der deutschen Sprache (sinngemäß) nur eine Übersetzung und die lautet "scharf". Die Amerikaner und Engländer haben gegenüber unserem Wortschatz oft den Vorteil, entsprechend differenzierte Begriffe in ihrem Wortschatz zu haben (z.B. safety und security für das deutsche Wort Sicherheit u.v.m.).
-- Wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Hund gestorben ist, fängt das Leben an. Diese Nachricht wurde am 15.06.2017 um 15:01 Uhr von Batou editiert. |