Diskussionsnachricht 000023
20.12.2008, 13:57 Uhr
FotografDo
registriertes Mitglied
|
Lars Werner schrieb:
Zitat: | Ich bin der Urenkel von Edmund Bergfeld und der Enkel von Rudolf Bergfeld den Gründern und Betreibern der Firma Globusmann in Solingen.
|
Hallo Lars, hallo in die Runde.
SAHARA war die Marke, die KARL Bergfeld gehörte. Karl ging dann mit seiner SAHARA Rasierklingenfabrik pleite und sein Bruder RUDOLF kaufte dann Unternehmen und Marke. Das muss so in den 50er Jahren gewesen sein.
Edmund, der Vater von Rudolf und Karl war der eigentliche Gründer und Unternehmer. Er war Motor des Unternehmens und brachte das Unternehmen nach vorne. Das Unternehmen exisitierte zunächst in Solingen, ich glaube, Dahler Feld.
Erst Anfang der 30er Jahre baute man auf der Baustraße 6 in Solingen und kaufte dann etwas später die Baustraße 8 hinzu. Dort lebte auf der ersten Etage der Senior (Edmund) nach seinem Ausscheiden aus seinem Unternehmen. Seine Haushälterin erhielt ein lebenslanges Wohnrecht, was seinen Sohn Rudolf schier zur Weißglut brachte. Es gibt aus den 60er Jahren Unmengen an Gerichtsakten, die sogar den Wärmebedarf der Haushälterin regulieren wollten.
Zurück zum Unternehmen.
In den Jahren des dritten Reiches erlebte das Unternehmen sein Hochkonjunktur. Rudolf Bergfeld berichtete davon, dass im Unternehmen der Tresor (ca. 1,80 m hoch und ca. 1,20 x 1,20 m im Grundriss, vor Schwarzgeld nicht zuging. Der "Olle" Edmund stand dann oben auf dem Treppchen und erzählte seinen Mitarbeitern (es gab zu Hitlers Zeiten ein Lohn- und Preisfestsetzungsverfahren), er wolle ihnen ja gern mehr bezahlen, er dürfe es aber nicht. Er und seine Söhne müssen nachts vor Lachen nicht in den Schlaf gekommen sein.
In den Zeiten des dritten Reiches scheint Globusmann Specialfabrik feiner Rasierklingen Edmund Bergfeld & Sohn (so war der volle Firmenname) der viertgrößte Hersteller von Rasierklingen.
Es waren Kohlenstoffklingen. Nicht vergleichbar mit den heutigen Klingen. Heutige Rasuren damit würden blutige Spuren im Gesicht hinterlassen. Der Preis pro Klinge betrug 10 Pfennig (reichsmarkpfennig). Ich habe in den 60er Jahren den Produktionspreis dieser Klingen kalkuliert und dieser betrug 8 DM pro 1.000 Stück. Das entspricht 0,8 Pfennig pro Stück.Wenn man bedenkt, dass dies ca. 30 jahre später war hat man in etwa einen Einblick.
Zurück zur Rasierklingenproduktion. Nach Ende des 2. Weltkrieges kamen Gillette und Wilkinson nach Deutschland. Gillette drohte alle Solinger Rasierklingenhersteller wegen Patentverletzungen mit stattlichen Schadenersatzklagen zu überziehen. Daraufhin zog sich Rudolf Bergfeld kampflos aus diesem Markt zurück und versuchte, anderweitig Geschäfte zu machen.
Der nächste Schritt war dann der Aufbau der Produktion von Scheren und Rasiermessern. Dies wurde mit Heimarbeitern gemacht, weil dies die kapitalärmste Methode war. Jeder Heimarbeiter erfüllte nur ein Minimum an Teilarbeiten.
So wurden Rasiermesser als rohlinge bei HERKENRATH geschlagen, kamen dann in die Härterei und wurden dann geschliffen. Die Rasierklingenschleifer waren praktisch ausnahmslos in Haan /bei Solingen. Dies war auch der Grund, warum im Gesetz zum Schutze des Namens Solingen aus 1938 die Stadt Haan mit in den Bereich Solingen hineingenommen wurde. Sonst hätte KEIN Rasiermesser den Namen Solingen tragen dürfen.
Im nächsten Schritt dann wurden die Messer gereidet, also der Griff kam dran. Der Griff wurde fertig gekauft. Schon früh wurden Materialien wie Elfenbein etc. durch Horn, (ich glaube auch Bakelit) und sonstige Kunststoffe ersetzt. Die Marke wurde als Neusilbereinlage in den Griff eingelassen. Der Reider war der letzte, der das Messer in die Hand bekam, bevor es verpackt wurde.
Die Verpackung war meist ein hochwertiger Einsteck-Karton. Gegen Rost wurde das Messer durch Einwickeln in ein ölhaltiges Papier geschützt. Die Klinge selbst wurde mit dicker Vaseline eingerieben. So blieben die Rasiermesser über Jahre hinweg rostbeständig.
In den 70er Jahren gab es in Solingen/Hahn noch so circa 10-15 Rasierklingenschleifer. Ich erinnere mich an Aufträge aus Albanien, wo pro Auftrag 6.000 Stück gekauft wurden. Die Lieferzeit dazu betrug im Schnitt etwa 8 Monate.
Der Markt für Rasiermesser in Deutschland war eigentlich zu diesem Zeitpunkt zu vernachlässigen. Neben Osteuropa waren die Hauptabnehmerländer im Nahen und Mittleren Osten. So gingen Rasiermesser in die Emirate, nach Saudi Arabien, Libanon usw.
So - das war ein kleiner Einblick in diesen Markt.
Viele Grüße
FotografDo
Moderation: Zitat repariert Diese Nachricht wurde am 20.12.2008 um 15:40 Uhr von Kurbjuhn editiert. |