Diskussionsnachricht 000015
28.06.2007, 19:50 Uhr
Jacobvs
registriertes Mitglied
|
Keine Ursache
Und jetzt (ich hoffe das Du es mir nicht übel nimmst) ein kleiner Thread-Hijack:
Vorgestern habe ich gedacht "Naja, für einen Deutschen können diese Kommunistenmesser ja was exotisches sein, aber mir kommt sowas nie ins Gesicht..." Solche Messer liegen hier haufenweise in Antikläden rum, niemand will sie, kosten fast garnichts. Meistens sind aus rostträgen Stahl. Vielleicht werde ich ein Paar von denen beschaffen und ins Mitgliederhandel stecken.
Aber gestern habe ich auf Trödelmarkt beigeschaut, und da lag ein ganz anderer Russe:
minupildid.ee/main.php/users/Jacobvs/Soldatenmesser.jpg.html
Der Verkaufer meinte, das es sich viellecht um einen russichen Soldatenmesser aus Zarenzeit handelt und das fand ich sehr glaubwürdig, weil auf den Erl steht:
minupildid.ee/main.php/users/Jacobvs/Soldatenmesser+erl.j...
BRATJA BUSLAJEVY - Die Brüder BUSLAJEV - Hersteller
ODOBRENO EGO VELICHESTVOM - VON SEINER MAJESTÄT GEBILLIGT
Der "Majestät" kann meiner Meinung nach nur Alexander III sein (1881-1894) - der einzige von russischen Zaren in 19. Jh. die sich um die Ausrüstung seiner Soldaten gekümmert hat.
upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e7/Kramskoy_Alex...
Die Klinge ist 5/8" bis 6/8", ein bisschen gekrümmt, schwer und derb. Die Griffschalen sind aus gebeizten Knochen, die Nieten sind einfache Pins ohne Nietrosetten und die Zwischenstück ist aus Blei. Habe es für Reinigung auseinander genommen, aber nichts in der Komposition geändert. So sieht es jetzt aus:
minupildid.ee/main.php/users/Jacobvs/Soldatenmesser+gerei...
Das Schleifen war ein bisschen mühsam. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das Stück jemals zum Rasieren benutzt geworden ist. Eher zum Kartoffelschälen. Die Facette müsste ich völlig neu bilden, doch liess es sich trotzdem nach einer Stunde zum Haartestschärfe bringen. Mit Lupe offenbarten sich viele kleine Schlackeneinschlüsse in der Stahl, die jedoch keinen Einfluss auf die Schärfe ausüben schienen.
Das Rasur folgte so "authentisch" wie möglich - ein bisschen kochendes Wasser ins Pinselbecher, Borstenpinsel da drin aufweichen, Schaum aufschlagen (Kabnett von Klar) und ins Gesicht, während des Aufweichens noch ein bisschen geledert, und los ging es...
Es ist ein gutes derbes Messer. Ganz nach meiner Geschmack. Was abgeschnitten werden muss, wird auch abgeschnitten. Die Stoppeln werden gnadenlos niedergemetzelt... Ein Durchgang, quer zum Strich, dann am Hals ein wenig nachbessern... Fertig! Rasierwasser drauf, keine Rötungen, nur leichtes Kribbeln für ein paar Sekunden.
Der alte Alexander hatte recht! Ein gutes Messer auf den man sich verlassen kann, Heft aus Knochen wird nicht gleich brechen, wenn man es fallen lässt wie Ebonit, sich austrocknen und verbiegen wie gerichtetes Horn, ist Wasser- und Schmutzfest in Vergleich zum Hartholz - genau richtig für einen Soldaten.
BOZHE ZARJA HRANI!
(Gott schütze den Kaiser!)
Jacobvs |