Diskussionsnachricht 000011
20.09.2007, 11:36 Uhr
dailysoap
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Direkt habe ich dazu keine Infos, finde aber in Frank Gnegel´s Bart-Ab-Buch (Zur Geschichte der Selbstrasur, Dumont, Köln 1995, S. 41-48) folgende Hintergrundinformationen:
Die ersten Barthobel mit einschneidigen Klingenplatten gab es in GB ab 1874.
1877 wurde ein dt. Gerät patentiert.
1902 wurde im Dt. Reich das Patent für den Gillette-Hobel erteilt (US-Patent 1901).
Der erste Patentantrag 1897 wurde übrigens abgelehnt.
Neu war die zweischneidige Konstruktion und die doppelschneidige, aus billigem Walzstahl hergestellte Klinge.
Gillette war aber nicht der einzigste, der das Konzept der Wegwerfklingen verfolgte.
Zwischen 1899 und 1900 hatte der Schleifergeselle Ernst Grohmann in Franfurt ebenfalls eine zweischneidige, dünne Rasierklinge erfunden, die vom Solinger Fabrikant Robert Middeldorf (Romi-Werk) übernommen wurde.
Das finde ich sehr bemerkenswert: Dort begann 1902 die Fertigung von Klingen und Apparaten ein Jahr früher vor Gillette!
An der zweischneidigen Klinge haben auch der Solinger Alfred Hartkopf und der Herforder Ferdinand Kiko gearbeitet.
Interessant ist auch, dass Gillettes deutsches Patent weder für die Klinge noch den Apparat erteilt wurde, sondern nur für die spezielle Art und Weise der gewölbten Einspannung.
Seit 1906 wurden Gillette-Produkte in Deutschl. beworben.
1908 gab es schon eine große Anzahl deutscher Konkurrenten.
Gillette machte aber das Rennen: 1914 verkauft Gillette fast 530 Mio Rasierklingen. Dagegen produzierten die dt. Hersteller zw. 1910 u. 1914 durchschnittlich nur etwa 4 Mio Klingen pro Jahr.
Der Rückstand wird erklärt mit der qualitativ stets hochwertigen Klingenfertigung bei Gillette im Vergl. zu den mangelhaft schnittfähigen dt. Klingen, die aus Gußstahl vorwiegend in Handarbeit hergestellt wurden.
Der Auto spricht davon, dass nach dem 1. WK die Zahl billiger Nassrasierer vollendes unüberschaubar war.
Auf S. 62 findet man Infos zum Einfluss der nationalsozialistischen Wirtschaftpolitik auf die Rasierklingenproduktion mit der Bildung von Zwangskartellen (1935/36). Hier fand eine rigide Marktbereinigung statt und Kleinunternehmer wurden verdrängt, “der Vielzahl von Marken und Sorten wurde ein abruptes Ende bereitet”.
Diese Situation kann man wohl auch auf die Produktion von Rasierhobeln übertragen.
Die Produktion nach 1945 stand dann unter dem Zeichen, die Kartellisierungspolitik aufzuheben.
Die Produktionsgeschichte der Hobel in Deutschl. ab 1945 würde mich ebenso interessieren.
Es muss da ja eine gewisse Boom-Phase gegeben haben und schließlich einen Niedergang ab den späten 60er oder ab den frühen 70ern durch die Verbreitung von Systemrasierern. Diese Nachricht wurde am 20.09.2007 um 12:19 Uhr von dailysoap editiert. |