Diskussionsnachricht 000008
27.12.2003, 21:40 Uhr
Jens
registriertes Mitglied
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Hallo Christian,
da werde ich also mal meinen Senf dazugeben. (Du findest zwar alle Antworten auf Deine Fragen hier im Forum – aber ich kann gut nachvollziehen, dass die Suche für einen Anfänger ein wenig nervig ist…) Es gibt zwar immer verschiedene Ansichten über die Methoden zur Messerrasur, aber nachdem Du mit den Antworten hier im Forum eine sehr gute Grundlage für die Rasur bekommst, findest Du sowieso irgendwann Deinen eigenen Stil. Da werde ich mal alles, was ich aus dem Forum und als mittlerweile schon einigermaßen erfahrener Messerrasierer mit der Zeit gelernt habe in meine Antwort einbringen – und ich glaube (Danke an alle „Alten“ Hasen, die mir geholfen haben) irgendwann ist jeder mal dran mit so’ner Antwort auf eine Anfänger-Frage.
Erst mal Gratulation zu Deinem „Weihnachtsgeschenk“, Christian. Du steigst ja richtig gut ein mit einem „Löwen“. Aber das macht ja auch Hoffnung, dass Du dabei bleibst und die Anfängerschwierigkeiten meistern wirst. So’n Messerchen lässt man ja ungern ungebraucht liegen…
Frage 1:
Die Antwort hat ja schon Norbert in einem anderen Beitrag gegeben…
Frage 2:
Naja, da wirst Du schon was finden, knicken solltest Du natürlich wirklich nicht – rollen geht übrigens auch…
Frage 3:
Toilettenpapier ist ja völlig ok (Besser noch sind so Makeup - „Zupftücher“ aus einem Spender; da hat man die Hand frei und das Messer in der anderen unter Kontrolle. Bietet sich auch an, weil normalerweise das Toilettenpapier nicht immer griffbereit am Rasierspiegel ist.). Ich spüle das Messer nach der Rasur immer mit warmem Wasser ab, reinige dann das Messer, wobei ich darauf achte, ein paar Millimeter unter dem Grat entlang zu wischen. Am Grat ist das Wasser dann längst kondensiert und hinterlässt einen schmalen weissen Rand. Falls Dich dieser Rand stört und Du rasierst Dich nicht täglich oder hast dann später einige Messer, kannst Du Ihn z.B. nach den obligatorischen 24h mit Balistol o. Ä. entfernen und Du pflegst auch noch Dein Messer damit.
Frage 4:
Der Pinsel wird nach Meinung der Spezialisten mit den Haaren nach unten in einem Ständer gelagert. Bei einem hochwertigen Pinsel wie Du ihn besitzt, empfehle ich Dir dies unbedingt. Es gibt genügend Ständer zu kaufen, such Dir einen aus. Mit einem Reisepinsel ist es natürlich etwas problematisch, zumal, wenn Du immer auf Reisen bist – aber dann bleibt Dir keine andere Wahl als den Pinsel richtig fest auszuschütteln, zuschrauben und eben damit auf Reisen zu gehen. Mit dem Fön trockne Deinen hochwertigen Pinsel bitte nicht. Ein Fön produziert sehr heisse Luft und kann das Dachshaar in seiner Struktur schädigen – und leider wächst das Haar in Deinem Pinsel nicht nach (wäre ja auch zu schön…). Übrigens, der Grund für Dachshaar: Dachshaar ist hochgradig wasserabweisend und eben in den verschiedenen Ausführungen (normal, gezupft, Silberspitz usw.) äußerst weich zum Kinn.
Frage 5:
Ich empfehle Dir, das Drehen über den Rücken zu üben. Ganz langsam anfangen, ich habe auch einen Riemen dabei „zerdonnert“ als ich dachte, ach jetzt kann ich’s und einfach zu schnell war. (Den Riemen nehme ich jetzt als grünen Pasteriemen für das Finish nach dem Schliff des Messers auf dem Stein.). Hintergrund ist folgender: Du wirst es händisch nie schaffen das Messer über die Schneide zu wenden, ohne den Grat zu berühren und diesen „ballig“ zu machen. Es sei denn, Du unterbrichst abrupt die Bewegung nach Oben oder nach Unten auf dem Riemen und hebst das Messer gaaaanz vorsichtig senkrecht vom Leder ab…drehst es und wiederholst den Vorgang ca. 10mal. Naja, dies soll ja nun nicht der Sinn der Übung sein. Vielmehr besteht der Vorgang des Abziehens auf dem Leder in einer fließenden, schon recht zügigen Art und Weise der Bewegung. Hintergrund ist folgender: Wenn Du mal mit Deiner Hand über den Riemen streifst, bemerkst Du einen ganz weichen „Flaum“ – sichtbar auch, dass er einmal dunkler und einmal heller wird. Dieser Flaum gibt dem Grat Deines Messers das letzte Finish – entweder nach den obligatorischen 24h Ruhezeit oder nach einem Abzug auf Pasten.
Und weil dieser Flaum ein Flaum ist und keine Paste mit Schleifpartikeln, sollte der Abzug darauf auch mit einiger Geschwindigkeit erfolgen. (Hier gibt es übrigens verschiedene Meinungen…)
Frage 6:
Die hier im Forum empfohlenen Produkte sind immer auf die Hautverträglichkeit der Schreiber getestet. Sinn machen die Beiträge aber schon – sollte eine Seife schlecht schäumen, dann ist es so. Ich habe mich vorher (vor meiner Messerzeit) nicht nur nicht mit Dosenschaum sondern mit einem Duschgel oder sonst was rasiert, durch die Tipps im Forum weiss ich nun auch genau welche Seife ich niemals kaufen sollte: Eine, die keinen oder zusammenfallenden Schaum aufweist und welche das dann sind. Eine Rasierseife, die nicht schäumt, ist keine Rasierseife! Da kann „Bio“ biologisch sein, da nützt die Seife einfach nichts. Und ich will ja OLIVIA (deren Seifen ich leider nicht kenne) nicht zu nahe treten (Olivia, Du kennst diesen Laden übrigens auch)…ich habe mir hier auf’n Berliner Kreuzberg eine handgemachte „Zimtseife“ gekauft und mir haben dermassen die Augen getränt vom zu hoch dosiertem ätherischem Öl, dass ich mir sicher war: Nie wieder im Gesicht anwenden. Naja, dann habe ich noch mal ne extra ausgewiesene Bio-Teebaumöl-Rasierseife von meiner Freundin aus den USA geschenkt bekommen – aber da blieb der Schaum nicht Schaum. Nun ja, was kann man tun, wenn es keine Tierversuche und auch biologisch sein soll/en: Ich persönlich habe mich für Seifen entschieden, deren Rezeptur über mehr als ein Jahrhundert überliefert wurde. Hier gibt es einige Engländer die sich Hoflieferanten (hehe…) nennen dürfen, und bei denen es selbstverständlich war/ist, auch keine Knochen zu kochen und die absolut verträgliche Seifen herstellen. Der Preis für diese Seifen ist natürlich höher als bei anderen guten Seifen. Die Wahl ist natürlich jedem selbst überlassen; zu trifft auf jeden Fall: Ohne Tierversuche, rein pflanzlich oder mineralische Zusatzstoffe (im übertragenen Sinn biologisch: meist auch noch per Hand zusammengefügt) und absolut verträglich – das Interessante und Gute ist, die müssen die Seifen ja auch selbst im Laden zum barbieren anwenden! Aber ich glaube, die Musgol-Real welche Du auf www.nassrasur.com beziehen kannst, sollte diese Kriterien auch erfüllen. Leider habe ich sie noch nicht probiert.
Frage 7:
Das hatten wir ja gerade….
Frage 8:
Ja, das habe ich mich auch immer gefragt. Probier mal folgendes: Nimm einen normalen (keinen dickwandigen) Trink-„Strohhalm“ in Deine nicht messerführende Hand und halte ihn mit ca. 1,5cm zwischen Daumen und Zeigefinger (falls dies nicht klappt, mach einfach eine Faust aus 4 Fingern, lockere den Zeigefinger etwas (sonst passt anatomisch der Daumen nicht drauf) und drück den Strohhalm mittig mit dem Messerrücken so, dass er sich minimal (!) biegt. Das ist der Druck, mit dem ich meine Messer auf dem Leder einsatzbereit bekomme. Ich habe übrigens auch immer gut mit Norberts „Druck-Empfehlung“ abgezogen: Lieber leichter als zu hart. Da Du einen Dovo-Riemen besitzt, den Du irgendwo anhängst: Absolut straff ziehen, aber nicht so, dass der Arm schmerzt – sonst macht ja keinen Spass mehr.
Frage 9 (Hilfe!!!)
Das ist wirklich sehr ungewöhnlich, gerade bei einem „Bergischen Löwen“ – sollte es wirklich „Flug“rost sein (was sich aus Deinen zeitlich unterschiedlichen Beiträgen ausschliesst, sende das Messer sofort ein (aber ich glaube auch kaum, dass DOVO so geschlampt hat, nee ich glaube, der Stahl macht da auch so schnell nicht mit.). Ich nehme an, es sind kleine „schwarze“ Flecken. Dann solltest Du dieses Messer auch sofort einsenden (schlechte Legierarbeit). Hier der Hintergrund: Die nicht rostfreien Messer sind immer mit einer Legierung überzogen. Darunter ist der „blanke“ Stahl. Würde diese Legierung nicht vorhanden sein, bekäme das Messer innerhalb (sage ich mal) der 2. Rasur richtig schöne, große schwarze Flecken, die nur mit einer Polierpaste zu entfernen sind. Das ist auch sehr gut nachvollziehbar an den Solingern Windmühlmessern (Ich muss jetzt mal einen Herstellernamen nennen, sonst glaubt mir keiner.). Würde man sich mit einem dieser Messer rasieren, was bei entsprechender nicht „balliger“ Schärfung überhaupt kein Problem wäre (aber sehr wenig Sinn bei Küchenmessern macht), wären irgendwann während der Rasur schon Flecken durch den Einfluss der Lauge da. Nun ja, ich habe auch Rasiermesser, die nach der Rasur leichte schwarze Verfärbungen an der Angel bekommen haben. Die entferne ich meistens mit einer reibenden Behandlung durch Balistol. Einmal habe ich den Fehler gemacht, ein altes Rasiermesser, welches plötzlich im Bild nach der Rasur stumpf wurde zu polieren. Leider wurde durch das Polieren mit Paste das ganze Bild zerstört.
Frage 10
Naja komm, willst Du Deine Haut nicht spannen – oder kannst Du nicht? Wenn Du mit dem Messer drüber gehst, ist doch alles trocken…und da, oben leicht unter den Schläfen fasst Du dann hin...
Beste Grüße
Jens
-- Im Durchschnitt war der See einen Meter tief - aber die Kuh ist trotzdem ersoffen... |