Diskussionsnachricht 000000
14.09.2008, 22:09 Uhr
Mikado
registriertes Mitglied
|
Hallo zusammen! Ich bin auf das Forum hier gestoßen, als ich im Web nach Anleitungen darüber, wie man sich lege artis rasiert, gesucht habe. Anlass dafür war die Zerstörung meines treuen Rasierapparats, dessen Butterfly-Mechanismus sich nach einem unglücklichen Sturz vom Waschbeckenrand nur noch mit Brachialgewalt bedienen ließ, bzw. die zunächst weniger zufrieden stellenden Resultate mit dem Nachfolgegerät.
Ein trockenrasierender Freund hat mir kürzlich, als ich ihm mein Leid klagte und von der Kombizange, die ich seitdem immer im Bad lagerte, erzählte, einen "Gilette adjustable" aus dem Nachlass seines Großvaters überlassen, mit dem ich irgendwie nicht auf Anhieb klar gekommen bin. Eigentlich sind sich die Geräte sehr ähnlich, auch mein alter war ein "adjustable", möglicherweise auch ein Gilette - ich kann's nicht mehr überprüfen, denn habe ich ihn, als der schicke "Neue" kam, wehmütig entsorgt. Vermutlich liegt es vor allem am Griff, der beim Vorgänger deutlich länger und etwas dünner war, vielleicht aber auch an der Rasiercreme auf die ich zuletzt zurückgreifen musste, weil dieser Palmolive-Stick, den ich sonst benutzt habe, im Supermarkt gerade nicht zu bekommen war, und mit der ich eigentlich schon immer meine Probleme hatte. Nun ja, jedenfalls war mein Interesse an Rasiertipps geweckt und ich wollte endlich mal rausbekommen, wie man es richtig macht.
Das Rasieren habe ich mir selbst beigebracht. Am besten, ich erzähle kurz meine "Rasur-Biographie": Dem ersten Oberlippenflaum bin ich tatsächlich mit genau dem Rasierer, dessen Verlust ich zuvor betrauert habe, zu Leibe gerückt. Das Gerät fand sich samt Klingenpaket daheim im Arzneischrank und wurde von mir sofort in Besitz ergriffen. Wahrscheinlich ist es eine Hinterlassenschaft meines Vaters, der zu der Zeit längst ausgezogen war. Im heroischen Selbstversuch kristallisierte sich schnell - auch nach weniger erfolgreichen Experimenten mit Niveacreme - die Methode, Haare befeuchten, mit Handseife einreiben, dann von oben nach unten rasieren, als die am wenigsten schmerzhafteste heraus. In der Rückschau erscheint es mir seltsam, dass ich damals nirgendwo Erkundigungen eingeholt habe, auch meine Mutter ist gewiss mit den Grundzügen einer Nassrasur vertraut, aber ich kann mich nicht erinnern, jemals mit ihr darüber geredet zu haben. Ich weiß nicht, wie es in "intakten" Familien läuft, in meiner Vorstellung findet da ein etwas peinlicher, aber lehrreicher Initiationsritus mit Papa vor dem Badezimmerspiegel statt. In der Folgezeit habe ich mich natürlich auch mit Freunden ausgetauscht, die meist aber auch nicht viel mehr Ahnung hatten als ich - das Gros rasierte ohnehin elektrisch.
Ich kam schnell zu den Systemrasieren, Borstenpinsel und dieser Stickseife, über deren "richtige" Verwendung ich mir bis heute nicht im klaren bin, anfangs habe ich versucht, direkt auf dem Seifenstück aufzuschäumen, später bin ich dann dazu übergegangen, mit dem Stick über das Gesicht zu fahren und den Schaum direkt dort anzurühren. Das halte ich bis heute so. Auch den Rasierer habe ich von Beginn an etwas unorthodox verwendet: Sobald ich raus hatte, dass es gegen den Strich viel gründlicher wird und es, wenn man viel schäumt, auch nicht wehtut, habe ich das so gemacht (die Sache mit den einwachsenden Barthaaren fand ich damals zwar etwas beunruhigend, aber richtig dran geglaubt, hatte ich nicht). Als die Barthaare fester wurden, musste ich meine Technik natürlich ändern - ich habe dann angefangen, erst mit dem Strich, dann dagegen zu arbeiten. Ich hatte dabei aber immer den vagen Verdacht, irgend etwas total falsch zu machen, die in der Werbung sind ja immer mit einem Zug vom Ohr bis zum Kinn oder, wenn der ausgefeilte Gelenkmechanismus im Zentrum des Spots steht, von Oberlippe bis Kehlkopf fast fertig - ich habe immer viel kürzere, schnellere und überlappende Züge gemacht.
Auch der Hobel kam noch zum Einsatz. Ich habe ihn als Notlösung immer dann rausgekramt, wenn die teuren Wunderklingen gerade alle waren, was bei diesen Gilettedingern (mit 2 Klingen damals) und einem Gelstreifen, der nach gefühlten zwei Anwendungen völlig ausgelutscht ist, eigentlich ständig der Fall war. Erst habe ich das widerwillig getan, nach und nach wurde ich aber besser damit und bin dann irgendwann ganz dabei geblieben. Abgesehen von einem enttäuschenden und kostspieligen Kurzausflug in die Welt der Elektrorasierer habe ich seitdem auch nichts mehr an meiner Methode geändert. Ein Meilenstein war noch der Umstieg auf einen besseren Pinsel.
Mit meiner Rasur war ich bis zuletzt auch immer leidlich zufrieden, so dass ich mich das Thema in den letzten Jahren nicht weiter interessiert hat, obwohl eine leise Ahnung, eigentlich Pfusch zu machen, geblieben ist. Rasiert habe ich mich trotzdem meist gerne, bzw. ich mochte das Gefühl "danach". Vielleicht noch ein paar Details zu meiner bisherigen Vorgehensweise: Ich rasiere mich unregelmäßig, meist 1-2-täglich, phasenweise aber auch in deutlich größeren Abständen. Ich mache es immer nach der Dusche (die Idee, dem Kampf mit dem sich dauernd beschlagendem Spiegel auszuweichen, indem ich die Reihenfolge vertausche, musste ich wegen schlechterer Ergebnisse aufgegeben). Schaum mache ich mit einer Palmolive-Rasierseife in Stickform, mit der ich das feuchte Gesicht bestreiche, und die ich dann mit einem Dachshaarpinsel aufschlage. Je nach Stoppellänge stelle ich den mit "Wilkinson classic"- Klingen bestückten (sind die einzigen, die man hier in der Gegend noch im Supermarkt bekommt) Rasierer für den ersten Durchgang auf mittlere bis höchste Stufe ein (wobei ich bei einem 5-Tage-Bart oft mit Verstopfungen im Rasierer zu kämpfen habe - manchmal muss ich zwischendurch die Klinge rausnehmen und spülen) und mache eher vorsichtige, kurze und planvolle Züge streng mit dem Strich, im zweiten Schritt mit dem noch auf dem Pinsel verbliebenen Restschaum bin ich dann huschiger mit längeren, recht schnellen Strichen nach Gefühl grob gegen die Wuchsrichtung. Wenn mir beim Abspülen noch irgendwo was Lohnenswertes auffällt (irgendwie gelingt es mir nicht selten am Bartansatz unterhalb des linken Ohrs eine kleine Insel auszusparen), dann mache ich das vorsichtig ohne Schaum weg. Aftershave oder Creme verwende ich bisher nicht.
Vor zwei Wochen war dann der Leidensdruck groß genug, um mich endlich mit dem Thema mal grundsätzlich auseinanderzusetzen. Ich habe also im Internet nach Anleitungen gesucht, mir ein paar youtube-Videos angeguckt und mit dem experimentiern begonnen. Auf dem Prüfstand stehen neben der Technik auch sämtliche Utensilien und Verbrauchsmaterialien. Im Versandhandel habe ich bisher neben anderen Klingen (Derby), eine Pre- und Aftershavecreme von Proraso und deren Rasierseife sowie einen einfachen Hobel ohne Verstellmöglichkeit (um einen Vergleich zu haben, ist das günstigste Mühle-Model zum Auseinanderschrauben) besorgt. Nach erst drei Rasuren kann ich natürlich noch nicht viel dazu sagen. Die Preshave-Creme mag ich schon mal sehr (Ich liebe diesen Kampfergeruch und den kühlenden Effekt), aber davon, dass es beim Rasieren einen Vorteil bringt, bin ich noch nicht so ganz überzeugt – morgen trage ich das mal nur auf einen Gesichtshälfte auf. Auch der Schaum ist sehr fein: schnell herzustellen (macht das jemand anders, als direkt in dem Plastiktöpfchen zu rühren?), er riecht angenehm und es lässt sich gut mit ihm rasieren. Für Klingen und Rasierapparat ist es noch zu früh, um etwas zu sagen – die Rasur scheint etwas aggressiver sein, aber das bringt wohl eine Umstellung zunächst oft mit sich (das Beste wäre wohl, mal einen Tag auszusetzen – aber ich bin im Moment zu enthusiastisch dafür).
Jetzt bin ich jedenfalls auf der Suche nach weiterer Inspiration… Was sollte ich eurer Meinung nach unbedingt noch ausprobieren? Ist irgendwas für hinterher wirklich so toll (mit akoholhaltigen Sachen wollte ich eigentlich nicht unbedingt anfangen)? Also jede Anregung ist hochwillkommen. |