Diskussionsnachricht 000010
02.11.2004, 13:43 Uhr
dailysoap
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G II & Co. – Zur Last der Vielheit bei Systemies schreibt G. Jatzek in der Wiener Zeitung v. 25.05.1998:
„Wer beeinflußt von Lebensgefährtin, Gattin, Kindern oder ähnlichen moralischen Instanzen auf Wegwerfprodukte verzichtet und auf Geräte mit Wechselklingen umsteigt, sieht sich in der Drogerie einer Vielzahl von Fassungen und Klingen gegenüber, die eines gemeinsam haben: Sie passen nicht zueinander. Allein die Firma Gillette bietet die Produkte "Contour", "Excel", "G II" und "Sensor" an, wozu mit "plus" gekennzeichnete Varianten kommen, denen ein "neuer, verbesserter Lubrastrip" eigen ist. Die Wahrscheinlichkeit, passende Klingen zu erwerben, beträgt eins zu vier, ein Verhältnis, das sich durch den Blick auf die mitgebrachte Fassung nicht verbessert, da diese datenschützerischerweise nicht beschriftet ist.
Ausprobieren ist nicht möglich, da alle Produkte säuberlich verschweißt auf den potentiellen Fehlkauf warten, der sich allenfalls durch akribische Vergleiche der angebotenen Produkte mit dem eigenen Rasierer vermeiden läßt. Dies erfordert freilich höchste Konzentration, die sich angesichts der mißtrauischen Blicken des Ladendetektivs nur zögernd einstellen will.
In der Praxis der Einkaufshektik zwischen dreiviertel sechs und Geschäftsschluß treibt die Antinormierungsstrategie die Umsätze der Firma Gillette in die die Höhe. Mit dem Erfolg, daß A daheim einen GII mit Contour-Klingen hat , B besitzt Klingen namens Excel und Sensor, jedoch einen Contour-Rasierer, C hat einen Excel-Apparat im Alibert, umgeben von einem Sortiment von GII plus-Aufsätzen. Und so weiter. Und so fort.
So schafft ein kapitalistischer Schachzug, was radikal-anarchistische Kritiker immer fordern: Individualität.
Ich frage mich: Ist das normal?“
Das war 1998! Was würde der Autor wohl heute schreiben, sechs Jahre danach, angesichts der vielen neu hinzugekommenen Systeme? Diese Nachricht wurde am 02.11.2004 um 13:44 Uhr von dailysoap editiert. |