Diskussionsnachricht 000000
02.05.2014, 13:19 Uhr
wernerscc
registriertes Mitglied
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Hier zeig ich euch gerne mein einziges ED. Wüsthof, ein 250er halbhohles, fein verarbeitetes Solinger Messer mit Rundkopf in schlichten, aber wertigen Holzschalen, wohl aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts stammend.
ED.Wüsthof von vorne
ED.Wüsthof von hinten
Das ED. Wüsthof, so runtergeschliffen, wie es inzwischen ist, ist mir ans Herz gewachsen, da es mein erstes Rasiermesser ist, das ich vor wohl bald 35 Jahren von meiner heutigen Schwägerin geschenkt bekommen habe, die es wiederum aus dem Nachlaß ihres verstobenen Großvaters hatte. Leider hatte ich es vor vielen, vielen Jahren im stumpfen Zustand unwissend zum Scherenschleifer gegeben, der es erst richtig verhunzt und eingeschmälert hat. Da das damals in den 80iger Jahren bei mir mit der Messerrasur nur partiell befriedigend verlief, bin ich kurz beim Hobel (Gillette Tech und Wilkinson Classic) und bald bei den Systemies Gillette Contour und nachher Mach 3 gelandet, mit denen ich mich über die Jahre der lästigen Pflicht Rasur entledigte.
Vor 6-7 Jahren bin ich, gestärkt mit Wissen aus diesem Forum, wieder bei der Messerrasur gelandet und beim Selberschärfen. Das ED. Wüsthof hatte mich im Dornrößchenschlaf immer begleitet, aber jetzt mußte und durfte es wieder ran. Bei meinen ersten Schärfereien hab ich den Rücken des ED. Wüsthof noch ohne Abklebung leider ziemlich eingeschmälert. Ich hab es im Laufe der Zeit auch scharf bekommen, aber richtig zufrieden war ich mit der Schärfe des Messers nie so ganz, zumal sich im Laufe der Zeit auch Messer bei mir einfanden, die mal so richtig scharf waren. Als herrausragende Beispiele denke ich da an zwei Kedake 6/8 die jollo74 mal bei einem tollen Vergleichstest zweier überragender Steine geschärft hat, oder auch an mein neues Koraat 8/8 Serienmesser, das erste Messer, das ich nicht selber nachschärfen wollte, weil es im Auslieferungszustand bereits scharf und sanft war und immer noch ist.
Mein ED. Wüsthof ist durch die ganzen Schleif- und Schärfereien leider inzwischen kein 6/8 mehr sondern "nur" noch ein 5/8 und die Facette ist teils schon im Wall.
Die letzten Wochen hab ich‘s mir zum Schärfen mal wieder vorgeknüpft und versucht es zufriedenstellend scharf zu bekommen mit verschiedenen Stein-Setups rein natürlicher, rein synthetischer, oder gemischter Steine als da wären Chinese 6000, Chosera 5000, Herbertz Thüringer, Suehiro Gold 8000, Koraat Schiefer, Naniwa 12000 Superstone. Dann kamen noch Versuche mit Leinenriemen und Diamant auf Filz Pasten dazu alles insgesamt mit mehr als ernüchternden Resultaten, so daß ich schon der Hypothese nachhing, daß damals vor vielen, vielen Jahren der verf...... Scherenschleifer das Messer auf seinem Schleifstein enthärtet haben könnte.
Gestern hab ich dann nochmal einen erneuten Schärfgang von Grund auf mit dem Chosera 1000, Chosera 5000 und dem Naniwa 12000 Superstone gewagt. Der Rücken war dazu einfach abgeklebt. Alles gut bis ich mit der Lupe beim 12000er feststellte, daß ich auf einer Seite in der Mitte durch leichten Messerverzug oder weil ich mit der Facette schon im Wall bin, gar nicht die vorderste Schneidkante erreiche. Also hab ich fix die Mitte des Messerrückens doppelt abgeklebt (kurzes Klebeband, darüber das Lange) und mit dem 12000er weiter gemacht. Nochmal zurück auf 5000er oder gar 1000er wollte ich nicht wegen des damit unweigerlich verbundenen größeren Materialverlusts. Als mir die Lupe alsbald zeigte mir, daß ich jetzt die vorderste Schneidkante erreicht hatte, kam zum Schluß noch eine weitere Lage Klebeband auf den Rücken, um den zweiten Winkel über die gesamte Facette mit gut zwanzig drucklosen Schüben auf dem 12000er zu erzeugen. Dann wurde nur noch geledert, der Haartest ansprechend absolviert und zur Rasur geschritten.
Schon beim allerersten Zug war klar; das ist ein neues ED. Wüsthof, nämlich genau das, was ich mir schon vor 35 Jahren gewünscht hätte, scharf und sanft. In dieser Verfassung hab ich gestern die immer mal angestebte aber nicht immer erreichbare Gründlichkeit erzielt, ohne die Haut zu sehr mitzunehmen. Klares Indiz dafür, daß die Rasur schonend ausfiel, war das geringe nur ganz kurz auftretende Brennen beim Abreiben mit Alaun bzw. beim Auftragen des guten L‘Occitane Cade After Shaves. Und heute, etwa 20 Stunden nach der Rasur, sind die Wangen und Kinn immer noch superglatt.
Ich bin rasurtechnisch gesehen glücklich und ziemlich sicher, das auch die nächsten Tage zu bleiben, wenn die weiteren Rasuren mit meinem ersten Rasiermesser erfolgen.
-- Was lange währt, wird endlich gut |